Vier mal 45
Der Weltkrieg als Sinngeber - über das Erinnern seit Richard von Weizsäcker
Im Jahr 1985 wurde am 8. Mai eine Rede gehalten, die einzig wirklich berühmte eines Bundespräsidenten. Als Richard von Weizsäcker im Winter verstarb, erinnerte man sich noch einmal seiner Ansprache, die - wie etwa die »Süddeutsche« schrieb - »die Deutschen befreite«. In der Tat markiert die Rede, die sich um den Begriff »Befreiung« aufbaut, eine Zäsur: 40 Jahre nach dem letzten Schuss sagte endlich ein Bonner Staatsoberhaupt, man solle froh sein, dass Hitler-Deutschland den Krieg verlor. Im Grunde rechnete Weizsäcker die ermordeten Juden, psychisch Kranken, Homosexuellen, die Opfer in Polen und der UdSSR mit den Gefallenen, dem Luftkrieg, dem »schweren Unrecht« an den Vertriebenen und auch deutschen Frauen auf, die »aufgrund des Krieges (…) ihr Leben in Einsamkeit verbrachten« - mit dem Ergebnis einer sich neigenden Waage: Hitler stehe am Anfang all dessen und »jeder, der die Zeit mit vollem Bewusstsein erlebt hat«, befrage sich sel...
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