Polizei von Neonazi-Angriff auf Mai-Demo überrascht
Kritik an dem Einsatz der Ordnungshüter in Weimar wird lauter
Erfurt. Nach der Erstürmung einer Maikundgebung in Weimar durch Neonazis dringt Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) auf eine stärkere Zusammenarbeit der Bundesländer. »Wir müssen in Ostdeutschland intensiv zusammenarbeiten, damit das nicht Standard wird«, sagte Poppenhäger am Montag in Erfurt. Nach dem Angriff in Weimar wird gegen 27 Männer und Frauen aus vier Bundesländern ermittelt. 16 Tatverdächtige kommen den Angaben zufolge aus Sachsen, acht aus Brandenburg zwei aus Hessen und einer aus Thüringen. Laut dem Innenminister ist davon auszugehen, dass der Blitz-Überfall vorbereitet worden war. Die Polizei habe darüber aber keine Informationen gehabt.
»Wir haben vorher nicht gewusst, dass so etwas passiert«, sagte der Minister. Die Angreifer hatten auf der Maikundgebung in Weimar das Mikrofon rabiat an sich gerissen und rechte Parolen skandiert, bis die Veranstalter den Strom abstellten. Drei Menschen wurden leicht verletzt. Ein Drittel der Weimarer Tatverdächtigen habe Bezüge zur NPD-Jugendorganisation, sagte Poppenhäger. Die Polizei war zunächst nur mit einer Streife vor Ort.
In Thüringen hat es an dem langen Maiwochenende zudem in Erfurt und Saalfeld angemeldete rechte Aufmärsche und Gegendemonstrationen gegeben. Über das gesamte Wochenende gab es laut Innenministerium landesweit insgesamt 52 politische und sportliche Veranstaltungen an 31 Orten. Hierbei seien 3579 Beamte auch aus Nachbarländern im Einsatz gewesen. Angesichts der komplexen Einsatzlagen seien die gesamten Kräfte der Thüringer Polizei gebunden gewesen, hieß es. Das hat auch die Debatte über die Personalausstattung der Thüringer Polizei neu entfacht.
Angesichts der Kritik vor allem an dem Polizeieinsatz in Saalfeld sicherte Poppenhäger volle Aufklärung zu. Die Mobile Beratung in Thüringen gegen Rechtsextremismus (Mobit) und Gewerkschafter hatten von einem hohen Gewaltpotenzial der in Saalfeld marschierenden Neonazis berichtet und eine zu geringe Sicherheit der Bürger beklagt. Es sei schwer, Menschen zur Gegenwehr zu mobilisieren, wenn Versammlungsbehörden und Polizei offenkundig gewaltbereite Neonazis teilweise unkontrolliert im öffentlichen Raum agieren lassen, kritisierte Stefan Heerdegen von Mobit.
Nach dem rechten Aufzug in Saalfeld gibt es mindestens noch zwei weitere Ermittlungsverfahren. So werde wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung gegen mehrere rechtsgerichtete Personen ermittelt, die drei Punker verletzt haben sollen. Außerdem werde gegen einen 31-Jährigen wegen des Verdachts des schweren Landfriedensbruchs ermittelt, der in Saalfeld zur Gewalt aufgewiegelt haben soll. Ein Beamter sei dabei durch einen Steinwurf verletzt worden. dpa/nd
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