Baden erlaubt - Umfeld marode
Bezirk Treptow-Köpenick kalkuliert acht Millionen Euro für die Renovierung des Strandbades Müggelsee
Wenn die Sonne so wie in den vergangenen Tagen strahlt, immer wieder Besucher das mehr als 100 Jahre alte Strandbad betreten und zunächst über den Müggelsee schauen, scheint die Idylle perfekt. Doch der Weitblick täuscht gewaltig. Denn das beliebte Bad ist in einem miserablen Zustand.
Vor allem die um 1930 fertiggestellten Gebäude sind sanierungsbedürftig. Der Treptow-Köpenicker Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) geht von rund acht Millionen Euro aus, die dafür notwendig sind. Ein Investor muss gefunden werden, der das »Kulturdenkmal von Nationaler Bedeutung« auf Vordermann bringt.
Aber das Projekt kommt seit Jahren nicht voran. Und das Schlimme: »Der Zahn der Zeit nagt zusehends an der Substanz und treibt die Kosten weiter in die Höhe«, ärgert sich Igel. Längst hat er das Strandbadprojekt zur Chefsache gemacht, doch so richtig in Gang gekommen ist das Vorhaben immer noch nicht. »Das liegt allerdings nicht am Bezirk. Alles, was wir für eine notwendige Ausschreibung vorbereiten können, haben wir bereits vor drei Jahren erledigt«, betont der Bürgermeister. Der Senat sei seit dem am Zuge, doch passiert sei bislang nicht viel, kritisiert er.
Noch immer wartet der Bezirk Treptow-Köpenick, der das landeseigene Grundstück verwaltet, auf die sogenannte »Entwidmung des historischen Gebäudeensembles«. Zur Erklärung: Der Bereich ist im Moment dem Zweck »Sport« gewidmet. Erst wenn diese Nutzung aufgehoben wird, kann eine Ausschreibung und somit die Übergabe an einen Investor erfolgen. »Der Strand und die Wiese bleiben auch künftig als Sportflächen deklariert und somit in unserem Vermögen«, sagt Oliver Igel.
Warum sich der Prozess über Jahre hinzieht, versucht ein Sprecher der Senatssportverwaltung zu erklären: So habe es in der Vergangenheit unter anderem Unklarheiten bezüglich des Grundstückswertes gegeben, die inzwischen mit der Vorlage eines Verkehrswertgutachtens durch Treptow-Köpenick geklärt werden konnten. »Außerdem wurde das Verfahren zur Entwidmung der Sportanlage durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung angehalten, da zwischenzeitlich eine Machbarkeitsstudie zur Nutzung des Areals erstellt wurde«, betont der Sprecher. Momentan seien dazu Abstimmungen mit dem Bezirk im Gang. Konkrete Aussagen zur Dauer des Verfahrens könne zum jetzigen Zeitpunkt deshalb niemand machen.
Gion Voges, Vorsitzender des Vereins »Bürger für Rahnsdorf« betont: »Umso wichtiger ist es, bei den Verantwortlichen noch einmal Druck zu erzeugen und klar zu machen, die Zeit drängt.« Mit einer Unterschriftenaktion soll das passieren.
Ohne das Engagement der Rahnsdorfer wäre das beliebte Strandbad schon seit Jahren geschlossen. Wie berichtet, verhinderten Bürger die 2005 von den Berliner Bäderbetrieben angekündigte Schließung der Anlage. Inzwischen können Besucher täglich kostenlos von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang auf das weitläufige Areal. Allein 2014 kamen rund 120 000 Berliner und Brandenburger. Der Verein und die Agrarbörse Deutschland Ost sorgen gemeinsam für Ordnung und Sauberkeit am Strand. »In den nächsten Monaten stellen wir ein weiteres Spielgerät auf, das aus Spenden finanziert wurde«, kündigt Voges an. Fest steht zudem: 2015 wird endlich die 250 Meter lange Betonuferkante saniert.
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