Ein bisschen Fracking

Umweltministerin Hendricks (SPD) wirbt im Bundestag für »sehr strenge« Fracking-Regeln / LINKE, Grüne und Umweltschützer verlangen Totalverbot

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat im Bundestag das Gesetzespaket zur umstrittenen Fracking-Technologie als Schritt zu mehr Rechtssicherheit verteidigt. Bislang stehe der Einsatz der Technologie in Deutschland »auf einer unzureichenden rechtlichen Grundlage«, sagte Hendricks am Donnerstag. Angestrebt würden nun »sehr strenge Regeln«, betonte sie. Oppositionspolitiker verlangten ein komplettes Verbot von Fracking. Der BUND forderte den Bundesrat zum Einschreiten auf.

Beim Fracking werden Wasser, Sand und Chemikalien in Gestein gepresst, um durch den Druck Gas oder Öl freizusetzen. Kritiker warnen vor einer Verunreinigung des Grundwassers und Geländeschäden wie Erdrutschen. In den Gesetzesentwürfen sind strengere Auflagen für das sogenannte konventionelle Fracking vorgesehen, mit dem seit Jahrzehnten auch hierzulande Gas aus sehr tiefen Sandsteinschichten gewonnen wird. Das unkonventionelle Fracking in viel härterem Gestein oberhalb von 3000 Metern Tiefe dagegen soll grundsätzlich verboten werden; allerdings bleiben wissenschaftliche Probebohrungen erlaubt.

Umstrittene Technik
  • Koalitionspolitiker rebellieren gegen Fracking. Das Kabinett beschließt Regelungen für die umstrittenen Bohrungen, doch Teile von Union und SPD fordern Änderungen.
  • Alarmton in Wallsbüll. Fast überall in Schleswig-Holstein möchten Öl- und Gaskonzerne ihre Claims abstecken. Doch die umstrittene Fracking-Technologie ist im hohen Norden unerwünscht.
  • Ein Christus für Chevron. Martin Leidenfrost suchte nach dem Widerstand gegen Erdgas-Fracking in Osteuropa.
  • Albtraum statt Märchen. Die Gasförderung im niederländischen Groningen brachte erst den Wohlstand und dann eine bebende Erde.

Hendricks betonte: »Wir nehmen die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger sehr ernst.« Höchste Priorität habe der Schutz des Trinkwassers und damit die Gesundheit der Bürger. Mit der bisherigen Rechtslage habe ein Unternehmen, das die Technologie einsetzen wolle, sehr gute Chancen, dies gerichtlich durchzusetzen. Vieles, was von den Behörden bisher nicht rechtssicher untersagt werden könne, solle nun gesetzlich verboten werden können. Unter anderem würden Schutzgebiete festgelegt, in denen Fracking ganz ausgeschlossen sein soll.

Der Opposition reicht das aber nicht. Nötig sei »ein gesetzliches Fracking-Verbot ohne Ausnahme«, sagte der LINKEN-Abgeordnete Hubertus Zdebel im Bundestag. Die Technologie sei »eine Gefahr für Mensch und Natur«, verunreinige das Grund- und das Trinkwasser und könne sogar Erdbeben auslösen. Es sei daher »unverantwortlich«, Fracking zu erlauben, selbst unter verschärften Auflagen.

Auch der Grünen-Abgeordnete Oliver Krischer sagte, Fracking sei eine »Risikotechnologie« und gefährde das Trinkwasser. Die Regierung habe ein »Fracking-Ermöglichungsgesetz« vorgelegt, obwohl ein umfassendes Verbot notwendig sei.

Hendricks sagte hingegen, die Technologie als solche sei »nicht einfach verbietungsfähig«. Der Staat könne nicht Technologien verbieten, die noch gar nicht ausreichend erforscht seien. Zudem werde Fracking-Technik auch für die Erschließung von Heilquellen und in der Geothermie, der Nutzung von Erdwärme, benötigt.

Zugleich machte Hendricks aber erneut ihre eigene Skepsis in Bezug auf Fracking deutlich. Sie habe »große Zweifel«, dass die Technologie in Deutschland »unter energiepolitischen Gesichtspunkten« gebraucht werde. Auch sei ungewiss, ob Fracking hierzulande kommerziell interessant sei.

Am Freitag befasst sich auch der Bundesrat mit dem Thema. Die Umweltorganisation BUND forderte die Länderkammer auf, Fracking grundsätzlich abzulehnen. Die im Gesetzespaket vorgesehenen Beschränkungen reichten nicht, ein generelles Verbot sei nötig. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), dem auch Wasserwerke angehören, begrüßte zwar, dass eine gesetzliche Regelung angestrebt wird. Allerdings müssten die Beschränkungen noch ausgeweitet werden.

Der Verband der chemischen Industrie (VCI) dagegen betonte, die Branche brauche heimisches Erdgas, »um wettbewerbsfähig zu bleiben«. Es sei daher zu begrüßen, dass die Regierung die Erprobung des Frackings »unter strengsten Auflagen« ermöglichen wolle. AFP/nd

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.