Festnahmen vor der Wiederwahl
Vor Beginn des FIFA-Kongresses erschüttert der nächste Skandal den Weltfußballverband
Eigentlich schien alles geregelt im Vorfeld dieses 65. FIFA-Kongresses in Zürich, der am Donnerstag beginnt: Das Gros der Gegenkandidaten von Amtsinhaber Joseph Blatter hatte rechtzeitig die Kandidatur für die Präsidentenwahl am Freitag zurückgezogen, die Delegierten aus Asien und Ozeanien sagten mangels Diskussionsbedarfs ihre eigenen Treffen vor dem Kongress ab - scheinbar herrschte Einmütigkeit unter den Delegierten.
Am Mittwochmorgen indes versetzten Schweizer Ermittler die »FIFA-Family« in Aufruhr. Zuerst rückten Zivilbeamte der Kantonspolizei Zürich im Luxushotel Baur au Lac an und nahmen im Laufe des Tages sieben internationale Fußballfunktionäre fest - im Zuge eines Auslieferungsersuchens des US-Justizministeriums. Die US-Staatsanwaltschaft ermittelt gegen insgesamt 14 Personen wegen Annahme von Schmiergeld in Millionenhöhe.
Unter den Verhafteten sind gleich zwei Blatter-Stellvertreter: der Uruguayer Eugenio Figueredo, Ex-Präsident des Südamerikanischen Fußballverbandes CONMEBOL und der Blatter-Intimus Jeffrey Webb, Präsident des Nord- und Zentralamerikanischen und Karibischen Fußballverbandes (CONCACAF), britischer Staatsangehöriger und Banker auf den Caymaninseln. Die Beschuldigten sollen seit Anfang der 90er Jahre Schmiergeld in Höhe von mehr als 100 Millionen Dollar von Vermarktern für die unrechtmäßige Zuteilung der Rechte an Fußballturnieren erhalten haben.
Auch die Schweizer Behörden ermitteln selbst in Sachen FIFA - wegen der Vergabe der Fußballweltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar. Die Schweizer Bundesanwaltschaft hat bereits im März ein Strafverfahren wegen »des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung sowie des Verdachts der Geldwäscherei« gegen unbekannt eröffnet. Am FIFA-Hauptsitz »Home of FIFA« am Zürichberg wurden am Mittwoch elektronische Daten und Dokumente sichergestellt.
Dem Strafverfahren der Bundesanwaltschaft war eine Strafanzeige der FIFA vorausgegangen, weswegen sich die FIFA in der Sache wie so oft als Geschädigte sieht. »Es ist die FIFA, die am Schluss darunter leiden wird«, sagte Sprecher Walter de Gregorio. Weder Präsident Blatter noch FIFA-Geschäftsführer Jérôme Valcke seien Beschuldigte in den Verfahren, betonte de Gregorio. Auch sehe der Weltverband keine Veranlassung, Kongress oder Präsidentenwahl zu verschieben: »Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.«
Ein BBC-Journalist verbreitete am Mittwoch das Gerücht, am Freitag solle eine Verschiebung der Wahl debattiert werden. Der britische Verbandspräsident Greg Dyke hatte zuvor die Wahl zumindest in Frage gestellt. Die Briten sind seit der Niederlage im Rennen um die WM 2022 die schärfsten FIFA-Kritiker. Sie wollen für den jordanischen Herausforderer Prinz Ali bin Al Hussein stimmen.
Dass die aktuellen Vorgänge Blatter schaden, glauben allerdings die wenigsten Experten. Sylvia Schenk, Leiterin der Arbeitsgruppe Sport bei Transparency International: »Ich schließe nicht völlig aus, dass es Blatter sogar stärkt. Viele Delegierte könnten sich nach einem sehnen, der weiß, wie er die FIFA zu führen hat.«
Auf die Unterstützung des afrikanischen Fußball-Dachverbandes CAF darf Blatter auch weiterhin bauen. Nach Angaben der französischen Nachrichtenagentur AFP sprach sich das CAF-Exekutivkomitee noch am Mittwochmorgen für eine fünfte Amtszeit Blatters als FIFA-Präsident aus. Die afrikanische Föderation ist mit 54 Stimmen der größte Kontinentalverband innerhalb der FIFA.
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