Der Fall Götzl zieht Kreise in Bayern

Oberster Genossenschafter lässt sein Amt ruhen

  • Lesedauer: 3 Min.

München. Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB), einer der größten Wirtschaftsverbände im Freistaat, wird von einer Abrechnungsaffäre um seinen Präsidenten Stephan Götzl erschüttert. Es sei bei aller Vorsicht davon auszugehen, dass die Ermittlungen eher Monate als Wochen in Anspruch nehmen werden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Mittwoch in München. Am Dienstag hatte die Behörde bestätigt, dass sie gegen Götzl wegen des Verdachts der Untreue ermittelt und prüft, ob der Funktionär private Ausgaben über die Kasse des Verbands abgerechnet hat. Götzl lässt wegen des Verfahrens sein Amt vorerst ruhen.

Diesem Schritt vorausgegangen waren längere Gespräche zwischen Götzl und den Gremien des Verbands. Am Dienstagabend teilte der GVB mit, der Personalausschuss des Verbandsrats haben sich mit Götzl darauf geeinigt, dass der 55 Jahre alte Funktionär sein Amt zunächst nicht weiter ausübt.

Zu konkreten Vorwürfen und Details der Ermittlungen sowie einer möglichen Schadenshöhe schweigen Verband, Ermittler und Götzl allerdings weiter. Medienberichten zufolge untersucht die Staatsanwaltschaft, ob Götzl private Reisen und Feiern auf Kosten des GVB abgerechnet hat. Um welche Summen, welchen Zeitraum und was für Abrechnungen es geht, ist offen. »Der GVB äußert sich nicht inhaltlich zum laufenden Ermittlungsverfahren«, betonte ein Sprecher am Mittwoch.

Der GVB beauftragte eine Anwaltskanzlei mit eigenen Untersuchungen in dem Fall. »Wir werden die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen vollumfänglich unterstützen und dazu beitragen, die im Raum stehenden Vorwürfe aufzuklären«, sagte der Vorsitzende des Verbandsrats, Konrad Irtel, am Dienstagabend.

Ein Sprecher des Verbands betonte, der GVB sei weiter voll handlungsfähig. Die Geschäfte führe das zweite Vorstandsmitglied des GVB, Alexander Büchel. Der GVB vertritt die Interessen der 1300 genossenschaftlichen Unternehmen in Bayern, darunter auch die 281 Volks- und Raiffeisenbanken.

Stephan Götzl ist somit sozusagen Bayerns oberster Genossenschaftler. In der Vergangenheit gab es kaum ein finanzpolitisches Thema, zu dem Götzl nicht öffentlich Stellung genommen hat - als Diplomat verstand er sich dabei kaum. Im Streit um hohe Zinsen für Überziehungskredite legte er sich mit der Stiftung Warentest an und verteidigte die hohen Dispo-Zinsen als pädagogisches Mittel. Die EU erzürnte Götzl, als er Pläne zur Bankenregulierung in die Nähe der Ermächtigungsgesetze der Nationalsozialisten rückte. Auch innerhalb des GVB hat Götzl keineswegs nur Freunde, heißt es.

Der Diplom-Kaufmann hat eine wechselvolle Karriere hinter sich. Sein Berufsleben begann der gebürtige Oberpfälzer bei Siemens, es folgte ein Beratungsunternehmen und eine kurze Amtszeit als Umweltstaatssekretär in Rheinland-Pfalz. Nach Etappen bei Siemens und Pfleiderer wurde Götzl 1999 Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft und ist seit 2005 GVB-Chef. dpa/nd

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