Ein Strauß-Kritiker soll endlich schweigen

Hat der CSU-Übervater kriminell erwirtschaftete Millionen vererbt? Ein Ex-Beamter sagt ja - und hat prompt Ärger

  • Lesedauer: 3 Min.
Der Strauß-Kritiker Wilhelm Schlötterer ist seit Jahrzehnten ein Widersacher der CSU-Spitze. Nun will die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl gegen ihn verhängen. Doch Schlötterer gibt nicht auf.

München. Der Autor und frühere Ministerialbeamte Wilhelm Schlötterer soll das Andenken von Franz Josef Strauß verunglimpft haben. Die Staatsanwaltschaft München I hat daher beim Amtsgericht einen Strafbefehl beantragt. Das teilte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde am Mittwoch auf Anfrage der dpa mit.

Schlötterer hatte 2009 behauptet, der 1988 gestorbene CSU-Politiker Strauß habe seinen Kindern ein hohes Millionenvermögen vererbt, wobei das Geld zum Teil kriminell erwirtschaftet und nicht versteuert gewesen sei. Einen Strafbefehl will er nicht akzeptieren und es auf einen Strafprozess ankommen lassen. »Ich werde das nie und nimmer hinnehmen«, sagte Schlötterer. Das Amtsgericht hat über den Antrag der Staatsanwaltschaft noch nicht entschieden. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin ist die zuständige Richterin krank.

Schlötterer hatte 2009 das Buch »Macht und Missbrauch - Franz Josef Strauß und seine Nachfolger« veröffentlicht und auf einer Lesereise beworben. Damals forderte der frühere Steuerfachmann im Finanzministerium die Justiz auch auf, einen nachträglichen Einzug illegal erworbenen Strauß-Vermögens zu prüfen. Anschließend waren die drei Strauß-Kinder sowohl straf- als auch zivilrechtlich gegen den Ex-Beamten vorgegangen. Zivilrechtlich versuchte Strauß-Sohn Max, Schlötterer eine Wiederholung der Äußerung zu verbieten. Dabei ging es um die Frage, ob Strauß seinen Kindern 300 Millionen Mark vererbt hatte. Der Rechtsstreit zog sich fünf Jahre hin - das Oberlandesgericht Köln gab Max Strauß in zweiter Instanz kürzlich recht. Dieses Urteil will Schlötterer ebenfalls nicht akzeptieren: »Ich werde zum Bundesgerichtshof gehen.«

Gleichzeitig hatten die Strauß-Kinder im Mai 2010 Strafanzeige gegen Schlötterer bei der Münchner Staatsanwaltschaft erstattet. Das Ermittlungsverfahren dauerte fünf Jahre, weit länger als üblich. Da sich der Zivilstreit vor dem Land- und Oberlandesgericht Köln Jahre hinzog, dauerte auch das Ermittlungsverfahren entsprechend lang. Denn die Staatsanwälte wollten die Bewertung der Richter in dem Zivilverfahren abwarten.

Der juristische Hintergrund: Nach dem Strafrecht ist nicht nur die Verleumdung lebender Zeitgenossen verboten. Mit einem Strafverfahren muss auch rechnen, wer Tote verleumdet - der entsprechende Straftatbestand heißt »Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener«. Laut Staatsanwaltschaft soll Schlötterer Strauß im Dezember 2009 bei einer Autorenlesung mit seinen »nicht erweislichen« Behauptungen »verächtlich gemacht haben«.

Der kampferprobte Strauß-Kritiker hingegen verweist darauf, dass schon zwei frühere Strafverfahren gegen ihn ergebnislos verlaufen waren. Im ersten Fall habe die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen abgelehnt, im zweiten die Richterin den Erlass eines Strafbefehls. »Sie können davon ausgehen, dass ich die Dinge zurecht rücken werde«, sagte Schlötterer. Der Autor ist seit Jahrzehnten Gegenspieler mächtiger CSU-Politiker. Als Finanzbeamter hatte er Anfang 1993 die Amigo-Affäre ins Rollen gebracht, die zum Sturz des damaligen Ministerpräsidenten Max Streibl (CSU) führte. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.