LINKE in Berlin fordert die Öffi-Flatrate
Landeschef Lederer beklagt soziale Spaltung und fehlende Perspektiven für Hauptstädter: »Der Senat hat fertig« / Landesparteitag in Berlin mit Schwerpunkt Verkehrspolitik / Linke will »der Mobilität Beine machen«
Update 16.40 Uhr: Der Parteitag ist beendet. Das nd-Newsblog-Tandem zum Landesparteitag der Linkspartei in Berlin beendet ebenfalls die Arbeit. Eine Zusammenfassung des Landesparteitages und einen Kommentar zu den Ergebnissen gibt es in der Print-Ausgabe des »neuen deutschland« am kommenden Montag.
Update 16.10 Uhr: Die Delegierten des Landesparteitages der Linkspartei haben sich entschieden, bei der kommenden Abgeordnetenhauswahl 2016 mit einer gemeinsamen, berlinweiten Landesliste anzutreten. Für eine Landesliste stimmten 99 Delegierte, für die von vier Westbezirken (Spandau, Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg und Neukölln) geforderten zwölf Bezirkslisten zur Kandidatenaufstellung stimmten 45 Delegierte. Sieben Delegierte enthielten sich bei der Abstimmung der Stimme. Eine Personalkommission soll jetzt einen Vorschlag für die Landesliste erarbeiten.
Update 15.10 Uhr: Die 146 anwesenden Delegierten des Landesparteitages der Linkspartei haben mit großer Mehrheit (zwei Gegenstimmen und einige Enthaltungen) den Leitantrag »Mobilität für alle – sozial gerecht und ökologisch verantwortlich« angenommen. Die unter Punkt 9 als »Modell für den fahrscheinlosen ÖPNV« aufgeführte »Öffi-Flatrate« wird ebenfalls ab sofort vertreten. Dass die Menschen sich frei und zu bezahlbaren Preisen durch die Stadt bewegen können, sei Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Mit Hilfe eines von allen Berlinern finanzierten Berlin-Tickets könnten die Preise auf rund 30 Euro pro Monat sinken, so die Modellrechnung der Linken. Bisher kostet es im Zwölf-Monats-Abo mit rund 62 Euro mehr als das Doppelte.
Update 14.40 Uhr: Ex-Senator Harald Wolf wirbt dafür, die Debatte zur »Öffi-Flatrate« dafür zu nutzen, eine gesellschaftliche Bewegung für faire Mobilität zu organisieren. »Das ist ein Thema, das die Menschen mobilisiert«, sagte Wolf mit Blick auf die alltäglichen Probleme im Berliner Nahverkehr wie überfüllte Züge, Stau und Lärm- und Feinstaubbelastung. Die Kritik einer Zwangsabgabe bei der »Öffi-Flatrate« wies Wolf zurück. »Den Begriff der Zwangsabgabe kenne ich nur aus dem anderen politischen Spektrum«, sagte Harald Wolf.
Update 14 Uhr: Die Debatte zum Leitantrag »Mobilität für alle – sozial gerecht und ökologisch verantwortlich« ist in vollem Gange. Der Bezirksvorsitzende von Pankow, Sören Benn, hat den Leitantrag mit seinen Ideen zum weiteren Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und Senkung der Fahrpreise mit Ausblick auf eine sogenannte »Öffi-Flatrate« eingeführt. Mit Lucy Redler und der Abgeordneten Jutta Matuschek gab es erste Kritik, vor allem an der »Öffi-Flatrate«. Diese sei eine »Zwangsabgabe« mit vielen Fußangeln.
Update 13 Uhr: Rouzbeh Taheri vom Mietenvolksbegehren erklärt, dass die Initiative bereits »weit, weit« mehr als 30000 Unterschriften gesammelt hat. Am 1. Juni sollen die Unterschriftenlisten an die Landeswahlleiterin am Amtssitz von Innensenator Frank Henkel (CDU) übergeben werden. Die Mitglieder der Berliner Linkspartei übergaben auf dem Landesparteitag noch mal 1845 Unterschriften für das Volksbegehren, die Mitglieder der Partei gesammelt hatten.
Update 12.10 Uhr: Der Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf, erklärt in der laufenden Debatte des Landesparteitages anhand der Beispiele Mietenvolksbegehren, Mehreinnahmen und Investitionen sowie der Flüchtlingspolitik, dass der Senat »lügt, mogelt und betrügt«. »Wer eine gute Flüchtlingspolitik will, muss dafür sorgen, dass die CDU aus dem Senat verschwindet«, erklärte Wolf.
Update 11.45 Uhr: Linken-Landeschef Lederer hat der in Berlin regierenden Koalition aus SPD und CDU vorgeworfen, die Hauptstädter mit Modeformeln und Sonntagsreden über die Realität zu täuschen. Ständig sei »von der ›wachsenden Stadt‹ Berlin die Rede«. Das klinge zwar »richtig gut«, denn Wachstum habe »für viele Menschen einen positiven Sound«. Aber es bilde nicht die tatsächliche Lage in der Stadt ab. Wenn der Senat von der »wachsenden Stadt« rede, dann sei »gemeint: Leute, es ist alles in Butter! Berlin ist attraktiv, Berlin hat Wirtschaftswachstum, Berlin ist eine Erfolgsgeschichte.« Diese Erzählung werde man bis zu den Wahlen im kommenden Jahr noch oft erzählt bekommen. Aber, so Lederer, »es gibt natürlich auch andere Stories.«
Das Leben in Berlin sei nur »toll, wenn man es sich leisten kann. Viele können es sich immer weniger leisten«, sagte der Linkenpolitiker beim Landesparteitag. Berlin sei immer stärker eine sozial geteilte Stadt; sozialer Kontakt und Zusammenhalt gingen immer mehr verloren. »Welche alleinerziehende Verkäuferin bei Lidl kann sich denn heute noch für eine Wohnung in Alt-Mitte entscheiden?«, fragte Lederer. Wer sich die Mieten in den teurer werdenden Kiezen nicht leisten kann, »wird buchstäblich an den Rand gedrückt«. Diese Welt komme »in den Touristenbroschüren und Abendnachrichten kaum vor«. In Berlin gelte immer öfter, so Lederer, »Sage mir, wo du wohnst, und ich sage dir, wer du bist.«
Die Linkspartei wolle »keine Stadt, die sich in Reich und Arm aufteilt«, sagte der Landeschef. Er wolle »keine Stadt, in der man von der Adresse auf den sozialen Status schließen kann. Ich will, dass wir diesem Trend wirksam etwas entgegensetzen«. Selbstkritisch äußerte Lederer, dass die Linke »nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung« sei - er verwies dazu auf die Zustimmung zum verkauf kommunaler Wohnungen. »An dieser Verantwortung tragen wir noch heute.«
Die Koalition aus SPD und CDU interessiere sich für die Probleme der Stadt nicht, kritisierte Lederer: »Der Senat hat fertig.« Dafür sei auch die Flüchtlingspolitik ein Beispiel. Während gern »die Phrase von der großartigen Weltoffenheit, die hier in Berlin herrscht«, gedroschen werde, schaffe es die Landespolitik nicht, Flüchtenden »eine würdige Aufnahme zu gewähren«. Dies wäre die »Nagelprobe« für echte Weltoffenheit.
Update 11.30 Uhr: Die LINKE in Berlin hat 1627 Unterschriften für das laufende Mietenvolksbegehren gesammelt. Nach der Rede des Vertreters des Volksbegehrens, Rouzbeh Taheri, sollen die Unterschriften demnächst auf dem Landesparteitag übergeben werden. Auch in den Statements der Gäste und Parteimitglieder geht es um das laufende Volksbegehren, das die erste Hürde offenbar genommen zu haben scheint. Der Landesvorsitzende Klaus Lederer erklärte zu dem Mietenvolksbegehren: »Die Immobilienwirtschaft braucht keine Volksbegehren, die haben SPD und CDU.«
Update 11 Uhr: Der Landesvorsitzende Klaus Lederer hat eine angriffslustige und ambitionierte Rede gehalten. Unter der Überschrift der »wachsenden Stadt« in Berlin entwarf er ein soziales Gegenbild. »Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um eine selbstbewusste, engagierte, geschlossene und gestärkte LINKE in der Homebase der deutschen Austeritäts-Ultras«, sagte Lederer unter Applaus. Eineinhalb Jahren vor den nächsten Abgeordnetenhauswahlen gab sich der Politiker aber auch selbstkritisch. »Es ist nach wie vor so, dass wir politische nicht in der Offensive sind«, sagte Lederer. Viele Menschen würden der LINKEN Veränderungen nicht zutrauen. Dabei gehe es auch um die Art und Weise, Politik zu machen. Mit Blick auf die innerparteilichen Kontroversen erklärte Lederer: »Wir müssen in der Tat an einem Strang ziehen.« Das heißt auch: Konflikte auch sichtbar machen, aushalten, produktiv behandeln und entscheiden.
Update 9 Uhr: In einer Stunde geht es los - wie immer bei Parteitagen mit ein bisschen Formalia. Danach steht die Rede von Landeschef Klaus Lederer auf dem Programm: Es wird um die Situation der Stadt und die Aufgaben der Berliner Linken ein gutes Jahr vor der Wahl gehen. Wer schon einmal ein bisschen lesen möchte - hier der schnelle Überblick über den Parteitag:
Parteitag vom Sofa aus? Hier startet der Livestream
Alle Anträge an den Parteitag findet man hier
Aktuelles aus Adlershof wird es auf Facebook geben
Auf Twitter läuft der Parteitag unter #linkelpt
Wer sich mal selbst ein Bild machen will: die Linkspartei tagt im Bunsensaal im WISTA-Veranstaltungszentrum Adlershof, Rudower Chaussee 17
Linke will »der Mobilität Beine machen«
Berlin. Die Hauptstadt-Linken kommen am Samstag zu einem Landesparteitag zusammen. Es geht unter anderem um die Verkehrspolitik - man will »der Mobilität Beine machen«, so lautet der Titel eines Leitantrags des Landesvorstands. Ziel der Linke ist es, mehr öffentlichen Personennahverkehr zu deutlich günstigeren Preisen anzubieten.
Dazu schlägt der Landesvorstand die sogenannte »Öffi-Flatrate« vor, die fahrscheinlose Benutzung der Bahnen und Busse. Das beschlossene Konzept soll auch Teil des Wahlprogramms 2016 werden. Dass die Menschen sich frei und zu bezahlbaren Preisen durch die Stadt bewegen können, sei Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, heißt es in dem Antrag. Mit Hilfe eines von allen Berlinern finanzierten Berlin-Tickets könnten die Preise auf rund 30 Euro pro Monat sinken, so die Modellrechnung der Linken. Bisher kostet es im Zwölf-Monats-Abo mit rund 62 Euro mehr als das Doppelte.
Eine Monatskarte würde 30 Euro kosten. Gespräch mit Harald Wolf über das Konzept für den fahrscheinlosen Öffentlichen Personennahverkehr - aka »Öffi-Flatrate«
Zum Landesparteitag in Adlershof sind 174 Delegierte geladen. Fast vier Jahre nach der katastrophalen Wahlniederlage und dem Ende der rot-roten Koalition wollen sich die oppositionellen Sozialisten inhaltlich aufgefrischt präsentieren. Zwei weitere wichtige Themen für die Zukunft sind Wohnen und Arbeit. Das Thema Wohnen wird auf dem Parteitag diesmal lediglich mit einem Antrag zur Unterstützung des laufenden Mietenvolksbegehrens behandelt. »Berlin hat eine große Menge an Problemen und Baustellen«, sagte der Landesvorsitzende der LINKEN, Klaus Lederer, dem »nd«. »Die Erwartung an uns ist, dass wir die überzeugend anpacken.«
Berliner Baustellen. Martin Kröger hat sich angeschaut, was auf dem Landesparteitag der Hauptstadt-Linken am Samstag spannend wird - unter anderem geht es um Mobilität und die Unterstützung des Mietenbegehrens
Am Nachmittag soll es um die kontroverse Frage gehen, wie die LINKE zur Wahl antreten will: wie seit Jahren mit einer Landesliste oder zwölf einzelnen Bezirkslisten, wie es die SPD macht.
Hintergrund zum Listen-Streit:
LINKE debattiert Landesliste kontra Bezirkslisten - mehr hier
Landesvorstand stimmt mehrheitlich für Landesliste, fast alle westlichen Bezirksverbände fordern dennoch weiter eigene Listen - mehr hier
Es geht um die Personalhoheit. Kommentar von Martin Kröger
Der Landesvorstand und die ihn in dieser Frage für eine Landesliste unterstützenden mächtigen Ostbezirke übernahmen am vergangenen Mittwoch einen Änderungsantrag aus Friedrichshain-Kreuzberg. Dieser fordert die Bezirksverbände auf, Personalvorschläge zu unterbreiten. Den Westverbänden Neukölln, Spandau, Steglitz-Zehlendorf und Tempelhof-Schöneberg reicht das nicht aus. Sie fordern weiter Bezirkslisten.
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