Ausländermaut: EU schlägt schrittweise Einführung vor
EU-Kommission signalisiert Kompromissbereitschaft im Mautstreit / Dobrindt unzufrieden / LINKE fordert Stopp der Einführung
Berlin. Im Streit um die Einführung der Pkw-Maut hält die Europäische Kommission der Bundesregierung laut einem Zeitungsbericht die Tür für einen Kompromiss offen. Die EU-Kommission habe ihre Bereitschaft signalisiert, einer möglichen schrittweisen Einführung der Maut zuzustimmen, berichtete die »Welt« (Mittwochsausgabe). Den Vorschlag habe die Europäische Kommission bereits im vergangenen November in Verhandlungen mit deutschen Beamten gemacht. Der Vorteil dieser Lösung sei es, dass damit auch die von der Bundesregierung geplante Entlastung der deutschen Autofahrer durch Nachlässe bei der Kfz-Steuer von der Einführung der Maut entkoppelt werde, hieß es laut »Welt«.
Vor allem an diesem Gegengeschäft stört sich die Europäische Kommission. Die Behörde befürwortete zwar eine Maut in Deutschland, wie sie in Europa weitgehend üblich ist. Doch eine de-facto-»Ausländermaut« lehnt Brüssel als unzulässige Diskriminierung der EU-Nachbarn ab. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kündigte daher ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung an.
Die »Welt« schrieb weiter, bislang habe der Kompromissvorschlag der Kommission nicht die Zustimmung von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gefunden. Die Gespräche würden aber fortgeführt. »Wir stehen weiterhin im intensiven Kontakt mit den deutschen Behörden«, erklärte die Europäische Kommission auf Anfrage der Zeitung.
LINKE: Maut könnte Haushaltsschaden von 450 Millionen Euro verursachen
Unterdessen forderte die LINKE, dass der Bund die Vorbereitungen zur Maut-Einführung wegen hoher finanzieller Risiken bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes stoppen solle. »Solange die europarechtlichen Fragen um die Pkw-Maut nicht geklärt sind, darf die Bundesregierung keinen Cent in das Mautsystem stecken«, sagte der Linken-Verkehrspolitiker Herbert Behrens der »Welt«. Behrens warnte: »Sollte die Senkung der Kfz-Steuer vor dem Europäischen Gerichtshof scheitern, liefe das angesichts der Bestimmungen des Koalitionsvertrages auf einen haushälterischen Schaden von 450 Millionen Euro hinaus.« Der Verkehrspolitiker geht davon aus, dass das Mautgesetz ohnehin vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe landen wird. Dobrindts Jahreszwangsmaut für Inländer widerspräche spätestens dann dem Gleichheitsgrundsatz, wenn die Maut-Kosten nicht über die Kfz-Steuer zurückerstattet würden.
Anfrage der LINKEN fordert Mautkosten zutage
Anlass von Behrens' Forderung ist laut »Welt« die schriftliche Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf Anfragen der Linken zu den vorab anfallenden Implementierungskosten, die vor Einführung der Pkw-Maut vom Bund getätigt werden müssen. Daraus gehe hervor, dass der Bund 447,9 Millionen Euro vorab investieren müsse. Der größte Teil entfällt demnach auf den Aufbau des elektronischen Systems, mit dem ein noch zu suchender Privat-Betreiber die Maut erheben soll. Hierfür seien laut Ministerium einmalig 321 Millionen Euro geplant.
Hinzukämen beim Bundesamt für Güterverkehr in den Jahren 2015 und 2016 Kosten von rund 40,3 Millionen »für die Implementierungsphase« und weitere zehn Millionen einmalig beim Kraftfahrt-Bundesamt. Zusätzliche Vorab-Kosten fallen dem Bericht zufolge beim Bundesfinanzministerium an, das alle Sätze der Kfz-Steuer um die entsprechenden Maut-Beträge senken müsse. Für jene Umstellung der Kfz-Steuer sei im entsprechenden Gesetz ein einmaliger Erfüllungsaufwand von insgesamt 76,6 Millionen Euro bis 2017 festgelegt worden. Insgesamt ergäben sich somit an Implementierungskosten 447,9 Millionen Euro, berichtete die »Welt« unter Berufung auf die Stellungnahme des Ministeriums. nd/Agenturen
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