Sie konnte die Revolution vom Fenster aus beobachten

Sinaida Hippius: Ihre Petersburger Tagebücher von 1914 bis 1919 sind aktuell, auch was das heutige Russland betrifft

In Deutschland ist sie kaum bekannt, in Russland kannte sie jeder: Sinaida Hippius, geboren 1869, gestorben 1945 im französischen Exil. Sie galt als Femme fatale des Silbernen Zeitalters, der Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts, in der in Russland nach dem Goldenen Zeitalter Puschkins Anfang des 19. Jahrhunderts eine ganze Reihe von Dichtern und Schriftstellern die Literatur erneuerten. Umschwärmt von Verehrern, lebte sie mit zwei Männern zusammen, den einen, Dimitri Mereschowski, heiratete sie, in den anderen, den schwulen Journalisten Dimitri Filossofow, verliebte sie sich unglücklich.

Immer wieder kam es auf ihren Lesungen zu Skandalen, wenn sie in aufreizenden Kleidern blasphemische Verse vortrug. Und doch war sie keine der typischen Dekadenzdichterinnen, die sich aus dem politisch-gesellschaftlichen Leben heraushielten, sondern gab zusammen mit ihrem Mann eine religionsphilosophische Zeitschrift heraus (»Der Weg«) und schrieb li...


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