Linke: Erdogan für Anschlag auf HDP mitverantwortlich
Nach tödlichen Detonationen: Tausende Unterstützter der Partei protestierten am Samstag am Ort der Explosionen / Justizkreise: Mit Metallkugeln gefüllter Sprengsatz
Berlin. Nach dem Anschlag auf eine Kundgebung der linken HDP am Freitag in Diyarkabir hat die Linkspartei in Deutschland Präsident Recep Tayyip Erdogan mitverantwortlich gemacht. Durch seine »aggressive Rhetorik« habe er die Stimmung im Wahlkampf angeheizt. »Es ist eine Schande, dass ein Staatspräsident, statt zu Frieden und Respekt aufzurufen, Unruhe und Gewalt schürt«, erklärte der Linken-Bundestagsabgeordnete Harald Weinberg. Erdogan sprach von einer »Provokation« und rief die Bürger auf, nicht zuzulassen, dass »das Klima des Friedens und der Brüderlichkeit« im Land gestört werde. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu versprach eine rasche Untersuchung der Vorfälle.
Die Regierung bestätigte zunächst nicht, dass es sich um einen Bombenanschlag handelte. Zwei Explosionen hatten im Abstand weniger Minuten die Kundgebung der kurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP) erschüttert. Dabei wurden zwei Menschen getötet und mehr als hundert weitere verletzt. Der Sprengsatz sei mit Metallkugeln gefüllt gewesen, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP am Samstag aus Ermittlerkreisen in der südostanatolischen Stadt. Ein Tatverdächtiger sei noch nicht festgenommen worden, sagte ein Vertreter der Justiz. Es gebe aber Videoaufnahmen, außerdem seien Fingerabdrücke und ein Handy, das möglicherweise weitere Hinweise liefern könne, gefunden worden.
Die linke HDP könnte bei der Wahl das Zünglein an der Waage sein. Der Angriff führte zu wütenden Protesten der HDP-Anhänger. Tausende Unterstützter der Partei protestierten am Samstag am Ort der Explosionen und machten die regierende AKP für den Angriff verantwortlich. Eines der Opfer, ein 17-Jähriger, wurde am Samstag beigesetzt, wie ein AFP-Reporter berichtete. HDP-Chef Selahattin Demirtas rief seine Anhänger zur Ruhe auf. »Frieden wird siegen«, erklärte er über den Kurzbotschaftendienst Twitter.
Der türkische Wahlkampf war von zahlreichen Gewalttaten geprägt, die sich vorwiegend gegen die HDP richteten. Die HDP vertritt nicht nur die kurdische Minderheit in der Türkei, sondern könnte bei der Parlamentswahl erstmals die Zehn-Prozent-Hürde überspringen. Die Partei ist zum Sammelbecken all jener geworden, die unzufrieden mit der Regierung der islamisch-konservativen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) sind. Schafft die HDP am Sonntag den Sprung ins Parlament, stellt sie mindestens 60 Abgeordnete. Sie würde damit vermutlich die Pläne Erdogans durchkreuzen, aus der türkischen parlamentarischen Demokratie per Verfassungsänderung ein autoritäres Präsidialsystem zu machen. Einige Umfragen sehen sogar die Regierungsmehrheit der AKP gefährdet. Agenturen/nd
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