BAföG - nicht für alle
Bildungsrauschen
Das Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAföG, wurde laut 1971 verabschiedet, um eine den «Eignungen und Interessen entsprechende Ausbildung unabhängig von der finanziellen Situation der Familie» zu ermöglichen«. So steht es bis heute auf bafög.de geschrieben.
Soweit die Theorie, die Praxis sieht anders aus. zeit.de hat acht Problemfälle dokumentiert, die aufgrund der geltenden BAföG-Struktur durch das Netz fallen. Einige sind besonders markant. Erster Fall: Spätanfänger, Studenten über 30. Das BAföG gilt in der Regel nur für Studierende, die ihr Studium vor Vollendung des 30. Lebensjahres - bei Masterstudiengängen vor Vollendung des 35. Lebensjahres - aufnehmen. Damit fallen die Studierenden heraus, die erst eine Ausbildung absolviert und anschließend in ihrem Beruf gearbeitet haben. Oder solche wie Meile-Andrea Schroeder, die aufgrund des unregelmäßigen Einkommens ihrer Eltern und teilweise der Studiengebühren wegen während des Bachelor-Studiums arbeiten mussten und nun für den Master zu alt sind und deshalb keinen Anspruch auf BAföG mehr haben.
Zweiter Fall: Nebenjobber, Studenten, die zu lange brauchen. Gefördert wird derjenige, bei dem nachweislich davon auszugehen ist, dass er den Abschluss schafft. Förderungshöchstdauer ist die Regelstudienzeit. Studierende, die nebenher arbeiten müssen, weil der BAföG-Satz nicht reicht, oder die im Zuge eines Studiums Generale keine Prüfungen ablegen, fallen aus der Förderung. Das gilt auch für jene, die durch das streng reglementierte Credit-Point-System zunächst durchfallen, dann aber durch einen Studienplatzwechsel erfolgreich weiter kommen.
Dritter Fall: die Gentrifizierten. Studenten, die in einer Großstadt wohnen. Der BAföG-Höchstsatz liegt derzeit bei monatlich 373 Euro plus einer Wohnungspauschale von 224 Euro. 2012 betrug die durchschnittliche Miete in Großstädten um die 350 bis 360 Euro. Damit müssen diese Studierenden zusätzlich arbeiten und kommen so in die Zeitfalle.
Vierter Fall: die Zwischen-den-Stühlen-Sitzer. Studenten, deren Eltern verschuldet sind. Studierende haben in Abhängigkeit zum Einkommen der Eltern einen Anspruch auf BAföG. Dabei wird das »positive Einkommen« zugrunde gelegt, das heißt, Kredite und andere Belastungen der Eltern werden nicht angerechnet.
User wie Mastrolino ergänzen diese Liste der »Zeit«: »Studierende im Inland, die ein Auslandssemester absolvieren, welches nicht im Studienplan vorgesehen ist, werden länger gefördert als Studierende im EU-Ausland. Alle Studierende, die ein gesamtes Studium im Ausland machen, BAföG bekommen und ebenso ein Austauschsemester absolvieren wollen, bekommen keine erhöhte Förderungsdauer. Dies stellt m.E. eine Diskriminierung eines großen Teils deutscher Studierender dar. Dem BAföG-Amt selbst ist diese Problematik bekannt. Bisher wurde jedoch nichts dagegen unternommen und leider scheint es vielen auch gar nicht bewusst zu sein.«
Lena Tietgen
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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