Ausverkauf bei Achenbach

In Düsseldorf begann die Versteigerung der Insolvenzmasse des verurteilten Kunstberaters

  • Dorothea Hülsmeier, Düsseldorf
  • Lesedauer: 4 Min.
Beuys, Baselitz und Immendorff - alles muss raus bei Helge Achenbach. Zum Start der spektakulären Auktion bieten auch Anfänger mit. Während der Kunstberater weiter im Gefängnis sitzt.

Unfallchirurgin, Bauingenieur, Startup-Unternehmer, Polizist und professionelle Luxusgüter-Einkäufer: Die spektakuläre Versteigerung der 2000 Kunstobjekte des inhaftierten Kunstberaters Helge Achenbach hat ein buntes Publikum in die schmucklose Lagerhalle in Düsseldorf gelockt. Die Preise für große Namen sind niedrig gehalten, denn es wird Insolvenzmasse versteigert. Und so hofft der ein oder andere Auktionsnovize auf ein Schnäppchen.

Doch gleich zu Beginn des viertägigen Auktionsmarathons wird klar, dass es unter den 1600 Bietern, die am Mittwoch an Telefonen hängen, online sind oder im Saal sitzen, viele Profis gibt. Denn auch sie sind auf Schnäppchenjagd. Lithographien von Joseph Beuys sind im Katalog auf bis zu 3000 Euro geschätzt - fast alle Blätter wechseln zu weit höheren Preisen den Besitzer. So ist es auch bei anderen großen Namen wie Baselitz oder James Lee Byars. Denn am Telefon und im Internet bieten auch Kunstsammler aus New York, Los Angeles, den Niederlanden oder Belgien mit.

Sogar Achenbachs Ehefrau ist mit einem der Söhne des einst schillernden Kunstberaters in die Lagerhalle gekommen, wo der einflussreiche Strippenzieher früher seine Oldtimer unterstellte. Auch sie hat eine gelbe Bieterkarte in der Hand, aber das ist wohl eher ein Zufall, denn sie bietet bei der Insolvenzmasse ihres Mannes nicht mit. Der 63-jährige Achenbach sitzt seit Juni 2014 in Haft. Im März wurde er wegen Millionenbetrugs an schwerreichen Kunden zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt.

Eine 30-jährige Unfallchirurgin gehört in dem Saal mit rund 150 Interessenten zu denen, die das erste Mal bei einer Auktion sind. Sie hält ihre gelbe Bieterkarte in der Hand. Gehoben hat sie den Arm noch nicht. »Eine Überwindung ist das schon«, sagt sie. »Ich kann bei meinem Budget nicht für fünf Bilder mitbieten.«

Der 37-jährige Startup-Unternehmer hat bei einer Beuys-Lithografie bis 1300 Euro mitgeboten und aufgegeben. Die Arbeit geht für 1400 Euro weg. »Das ist ein Nervenkitzel«, sagt er. »Die Gefahr ist, dass man sich im Saal hinreißen lässt, immer mehr zu bieten.«

Die Versteigerung der Achenbach-Sammlung ist nach Worten des Geschäftsführers des Kölner Auktionshauses Van Ham, Markus Eisenbeis, »die größte Auktion für zeitgenössische Kunst, die es in Deutschland jemals gegeben hat«. Und es ist auch eine der ungewöhnlichsten Kunstauktionen. »Das ist keine elitäre Abendveranstaltung wie in New York, wo Picassos für 100 Millionen angeboten werden. Bei uns geht es mit 100 Euro los«, sagt Eisenbeis.

Weil im Publikum viele Neulinge sitzen, die laut Eisenbeis »noch nie den Weg in eine Auktion gefunden haben«, dauert alles etwas länger. Normalerweise werden rasend schnell bis zu 100 Lose pro Stunde aufgerufen, bei der »Achenbach Art Auction« sind es nur rund 60. Eisenbeis erklärt zu Beginn noch mal die Regeln - und warnt, dass die Preise für Georg Baselitz, Markus Lüpertz, Jörg Immendorff, zwar niedrig gehalten seien, das Aufgeld aber wegen der Mehrwertsteuer bis zu 50 Prozent betragen könne.

Auch der Insolvenzverwalter der Achenbach-Firmen, Marc d'Avoine, ist zur Auktion gekommen und notiert die Erlöse in den Katalog. Immerhin fordern die Gläubiger Achenbachs eine zweistellige Millionensumme ein, während er den Erlös der Auktion vor Beginn sehr moderat auf etwa sechs Millionen Euro geschätzt hatte.

Die Versteigerung mitten in Düsseldorf, wo der bestens vernetzte Achenbach mit der Kunstszene und dem Geldadel auf Du und Du war, hat auch eine andere Seite: »Das Verfahren war derart emotional belastet, dass ein hohes Maß an Zurückhaltung erforderlich ist«, sagt sogar der sonst eher zurückhaltende Insolvenzverwalter. »Das nimmt einen unglaublich mit.«

Auch wenn es eine Riesenauktion ist, so wird es dennoch kein finanzielles Großgeschäft für Van Ham-Chef Eisenbeis. Das gibt er unumwunden zu. Der Aufwand war immens. Eisenbeis hofft vor allem auf den Werbeeffekt, die Sammlung des bekanntesten Kunstberaters Deutschlands zu versteigern. Am ersten Vormittag werden ohne Aufgeld 250 000 Euro erlöst. »Mein Geschäftsmodell könnte ich aber nicht darauf aufbauen«, sagt Eisenbeis. dpa/nd

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