Risiko wurde belohnt

Beim Deutschen Filmpreis räumte »Victoria« sechs Lolas ab

  • Katharina Dockhorn
  • Lesedauer: 3 Min.
Sebastian Schippers Thriller »Victoria« gewann beim Deutschen Filmpreis die »Goldene Lola« für den Besten Film. Geld gibt es dafür aber noch nicht: Die Novellierung des Fördergesetzes steht noch an.

Am Ende traute Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) ihren Augen nicht. Die unermüdliche Verteidigerin des Kulturguts Film konnte drei Filme mit Lolas ehren, die Künstlerisches wagten und Haltung zu brisanten Themen der Gegenwart bewiesen. Sechs Lolas räumte der in einer Einstellung gedrehte, hippe Berlin-Film »Victoria« ab. »Jack«, das sensible Porträt eines vernachlässigten Jungen, erhielt Silber. Und die Macher des kritischen Blicks auf die Finanzwelt in »Zeit der Kannibalen« konnten sich über den Drehbuch-Preis freuen.

Bei den Kinderfilmen gewann die gelungene Bestseller-Adaption »Rico, Oscar und die Tieferschatten«, an den drolligen Originalstoff »Quatsch und die Nasenbärenbande« ging Silber. Ein Riesenerfolg für Regisseur Veit Helmer, der die Förderer monatelang nervte, damit sie die Schatullen für dieses risikovolle Projekt öffnen.

Ob solche Filme künftig Fördermittel erhalten, wird zwischen Filmbranche und Politik gerade heiß diskutiert. Die Novellierung des Filmfördergesetzes (FFG) durch den Bundestag steht an. Es regelt, dass die Nutzer von Filmen - Kino, Fernsehen, Home-Entertainment-Branche - Abgaben in einen Topf einzahlen, aus dem neue Filme finanziert werden. Rund 50 Millionen werden jährlich verteilt.

Diese Einnahmen sinken. Der DVD-Verkauf ist eingebrochen. Das ZDF schraubte seine Zahlungen auf das Mindestmaß zurück. Die öffentlich-rechtlichen Sender sind bei mindestens 150 Kinokoproduktionen jährlich dabei. Diesen Programmschatz setzen sie nicht ein. Da auch die Gebühren bis 2020 nicht steigen, ist absehbar, dass sie ihr Engagement zurückfahren müssen.

Nun haben die Verteilungskämpfe begonnen. Eine Expertenrunde aus der Generation 50plus der Filmszene hat einen ersten Vorschlag zur Neufassung des FFG vorgelegt, der auf Kosten von Nachwuchs und Vielfalt geht. Unter dem Deckmantel der Exzellenzförderung schlägt sie eine Neugewichtung der Förderschwerpunkte vor. Momentan fließen 60 Prozent in neue Filme, künftig sollen es nur noch 15 Prozent sein. Weniger geht kaum. ARD und ZDF zahlen knapp acht Millionen ein. Diese dürfen nicht in die »Referenzförderung« fließen. Doch auch dies will die Kommission ändern.

Hinter dem Wortungetüm verbirgt sich, dass Erfolge an der Kinokasse oder die Teilnahme an einem Filmfestival mit Geld für einen neuen Film belohnt werden. Das hieße künftig mehr für Schweiger und Schweighöfer. Und nicht für die am Beginn ihrer Karriere stehenden Schipper, Berger, Naber und Helmer - wenn deren letzte Filme an der Kinokasse nicht überzeugten.

Erfreulich ist, dass die Arbeit der Drehbuchautoren besser abgefedert werden soll. Die Auswahl der Projekte treffen Experten und keine paritätisch zusammengesetzte Kommission. Dass die Experten den Autoren zwangsweise zur Seite gestellt werden sollen, riecht nach Bundesfilmdramaturgie-Kommission. Und ist mutlos von Produzenten, die um die Anerkennung als Urheber kämpfen.

Die vollständige Gewinnerliste: www.deutscher-filmpreis.de

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