Wo Lynx lynx zum Schulstoff gehört
Hessens Luchse sind Bindeglied zwischen Populationen im Harz und Bayerischen Wald
Seit einigen Jahren werden auch in Nordhessen wieder regelmäßig Luchse (Lynx lynx) gesichtet. Beobachtete Weibchen mit abhängigen Jungtieren lassen darauf schließen, dass sich im hessisch-niedersächsischen Grenzgebiet eine eigenständig reproduzierende Population des Eurasischen Luchses im Aufbau befindet. Die Gründer dieser nordhessischen Population stammen vermutlich aus dem Harz, dort wurden zwischen 2000 und 2006 mehrere Luchse ausgewildert.
Um die genaue Anzahl der in Nordhessen lebenden Luchse bestimmen zu können, wollen die Universität Göttingen, der Arbeitskreis Hessenluchs sowie die Forstämter Melsungen und Hessisch Lichtenau in den nächsten Jahren das Observieren der Luchse durch den systematischen Einsatz von Fotofallen intensivieren. Forscher der Universität Göttingen haben das Ziel, das Leben der nordhessischen Luchse zu ergründen. Dazu haben sie seit November vergangenen Jahres in einem etwa 650 Quadratmeter großen Areal südöstlich von Kassel an insgesamt 20 Standorten automatische Kameras, sogenannte Fotofallen, aufgestellt.
Dabei kommt erstmals in Nordhessen eine Methode zum Einsatz, die die individuelle Identifizierung der Tiere anhand ihrer charakteristischen Fellzeichnung ermöglichen soll. »Luchse können anhand ihrer Fellmuster gut voneinander unterschieden werden«, erklärt Ralf Meusel, Luchsbeauftragter am Forstamt Hessisch Lichtenau.
Sechs nordhessische Schulen haben für jeweils einen Kamerastandort Patenschaften übernommen. Neben Füchsen, Hasen, Rehen, Hirschen, Wildschweinen, Wildkatzen und Dachsen sind bislang drei verschiedene Luchse in die Fotofallen getappt. Schülerinnen und Schüler haben ihnen Namen gegeben. »Die beteiligten Schulen bekommen regelmäßig eine Auswahl der an ihrem Standort aufgenommenen Wildtierfotos zur Verwendung im Unterricht«, erklärt Dr. Markus Port, Verhaltensökologe am Johann-Friedrich-Blumenbach-Institut für Zoologie und Anthropologie der Universität Göttingen. So nehmen die Schüler und Schülerinnen aktiv an der Forschung teil.
»Die Idee hierbei ist, ein Stück des hessischen Waldes anschaulich in die Klassenzimmer zu transportieren«, erläutert Port. Die Zusammenarbeit mit den Schulen verläuft sehr positiv. »Unsere Forschung wird mit Euphorie aufgenommen und kann einen direkten Anwendungsbezug vermitteln. Wir bekommen begeisterte Rückmeldungen«, freut sich Projektleiter Port.
Die Luchse im Norden Hessens stellen ein wichtiges Bindeglied zwischen den beiden einzigen deutschen Populationen des Eurasischen Luchses im Harz und im Bayerischen Wald dar. Den Tieren kommt somit eine besondere Bedeutung bei der künftigen Vernetzung dieser bislang isolierten Luchse zu. Ein regelmäßiges, intensives Monitoring der nordhessischen Luchse ist nach Ansicht der Wissenschaftler nötig, um die langfristige Stabilität dieser Teilpopulation abschätzen zu können.
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