Zankapfel Gemeinschaftsschule

LINKE für Bildungsstätten von Klasse 1 bis 13 - SPD will nicht einmal darüber diskutieren

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Acht Seiten lang und voll mit konkreten Vorschlägen für die Gemeinschaftsschule ist ein Konzept der Linksfraktion. Der Koalitionspartner SPD und die CDU wollen nichts davon hören.

Bildungserfolg dürfe nicht von der sozialen Herkunft abhängen. Daher soll gemeinsames Lernen aller Kinder »von der 1. Klasse bis zum Schulabschluss möglich sein«. Dazu sollen Grundschulen mit Oberschulen, Gesamtschulen und Gymnasien zu Schulzentren fusionieren dürfen.

Das sind eindeutige Sätze aus dem Koalitionsvertrag von SPD und LINKE. Für die LINKE waren die Formulierungen, auf die man sich nach der Landtagswahl 2014 einigte, ein Erfolg. Die angestrebten Schulzentren dürfen aus taktischen Gründen nicht Gemeinschaftsschule heißen, seien aber welche, hieß es stolz - hinter vorgehaltener Hand.

Jetzt sprach die LINKE ganz offen von ihrem Ziel. Unter der Überschrift »Wege zur Gemeinschaftsschule in Brandenburg« legten Fraktionschef Ralf Christoffers und die bildungspolitische Sprecherin Kathrin Dannenberg am Freitag ein vor. Darin ist die Rede davon, »die Gemeinschaftsschule als Regelschulform vorzubereiten und einzuführen«.

Die Gemeinschaftsschule erhält in dem Konzept klare Konturen: Sie soll von Klasse 1 bis 13 führen und alle denkbaren Abschlüsse anbieten. Auf das Sitzenbleiben soll »in der Regel« verzichtet werden. Lern- und Leistungsrückmeldungen sollen das halbjährliche Notenzeugnis ergänzen, »oder können dieses auch bis zur Jahrgangsstufe 8 ersetzen«. Die von der CDU gehätschelten Leistungsklassen laufen dem Konzept zufolge aus. Stattdessen sollen Spezialklassen für mathematische, sprachliche und künstlerisch-musische Begabungen eingerichtet werden.

Die SPD reagierte verstimmt. Sie möchte keine »ideologisch geleitete Schulstrukturdebatte« führen, erklärte die Landtagsabgeordnete Simona Koß. Die SPD bekenne sich »zum Schulfrieden«, wie er im Koalitionsvertrag verabredet sei, so Koß. Der Schulfrieden war ein Wahlkampfversprechen der Sozialdemokraten. Es besagte, dass sich im Grunde nichts ändern soll. Dagegen hatte die LINKE in ihrem Wahlprogramm Gemeinschaftsschulen in Aussicht gestellt. Während das Wort »Schulfrieden« im Koalitionsvertrag nicht auftaucht findet sich die Bestandsgarantie für das klassische Gymnasium verklausuliert in der Aussage, die rot-rote Koalition stehe für ein »klar strukturiertes, verlässliches und durchlässiges Schulsystem«.

Andererseits besagt der Koalitionsvertrag: »Gemeinsames Lernen aller Kinder soll von der 1. Klasse bis zum Schulabschluss möglich sein.« Darauf beruft sich die LINKE in ihrem Konzept. »SPD und LINKE haben sich geeinigt, dass es einen Einstieg in die Gemeinschaftsschule geben soll«, steht in der Vorbemerkung. Zur Begründung verweist die LINKE auf Bevölkerungsprognosen. Danach soll die Zahl der Geburten bis zum Jahr 2030 im Speckgürtel auf 5240 (211: 11 300) sinken, außerhalb auf 4700 (2011: 7670). Den zweifelhaften Luxus von Gymnasien kann sich Brandenburg angesichts dessen eigentlich nicht mehr leisten, wenn es nicht zu einer weiteren schmerzhaften Welle von Schulschließungen kommen soll.

2017 möchte die LINKE die Pilotphase der Gemeinschaftsschule starten. Mindestens 20 Schulzentren sollen mitmachen, pro Landkreis wenigstens eins. Die Landtagsabgeordnete Marie Luise von Halem (Grüne) wünschte dem Vorhaben »gutes Gelingen«. Ihre Fraktion favorisiere ebenfalls gemeinsames Lernen von Klasse 1 bis 13. »Welchen Namen man einer solchen Schulform gibt, ist letztlich zweitrangig«, so von Halem.

Auch FDP-Landeschef Axel Graf Bülow zeigte sich aufgeschlossen. Er sagte: »Die Idee der Campus-Schule ist eine gute Grundlage, um die verkrusteten Schulstrukturen im Land endlich aufzubrechen.«

Der CDU-Abgeordnete Gordon Hoffmann lehnte er den Vorstoß der LINKEN als »Unsinn« ab. Man müsse sich nur die bedrohten Schulstandorte ansehen. Dann werde klar, dass Schulzentren dort keine Hilfe wären. So könnten sich kleine Grundschulen auf dem Lande gar nicht mit weiterführenden Schulen zusammenschließen, denn die gebe es in den Dörfern überhaupt nicht. Auch für die Oberschulen in Glöwen und Ziesar oder das Gymnasium Treuenbrietzen wäre das Schulzentrum nicht die Rettung, so Hoffmann. »Da ist nichts zum Zusammenlegen. Das ist eine Scheindiskussion.« Die LINKE könne die Abschaffung der Gymnasien ja fordern. »Wir werden dagegen kämpfen.«

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