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Von Respekt bis zum Troika-Versteher

Die Reaktionen der deutschen Politik auf das »Nein« der Griechen zur Gläubigerpolitik

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 6 Min.

Das deutliche Nein der griechischen Bevölkerung bei Volksabstimmung über die Gläubigerpolitik hat in der deutschen Politik für unterschiedliche Reaktionen gesorgt. Während vor allem bei Vertretern der LINKEN große Freude über das »OXI« herrschte, ist sich vor allem die SPD in ihrer Bewertung des Ergebnissen nicht einig.

Die LINKEN-Chef Bernd Riexinger nannte das klare Votum einen Sieg für die Demokratie in Europa. »Die Griechinnen und Griechen haben sich zum zweiten Mal gegen die katastrophale Politik der sozialen Kürzungen und der wirtschaftlichen Verwüstung gewehrt«, erklärte Riexinger am Sonntagabend nach den ersten Ergebnissen. Das Votum legitimiere und stärke die Verhandlungsführung der linken Regierungspartei SYRIZA von Ministerpräsident Alexis Tsipras.

Lafonatine: Sieg für die europäische Idee

Der LINKEN-Politiker Oskar Lafontaine nannte das Ergebnis der Volksbefragung einen »Sieg für alle, die an die Europäische Idee, an Freiheit und Demokratie glauben.« Sämtliche Einschüchterungsversuche der Gläubiger seien vollkommen vergeblich gewesen. »Die Griechen wollen die Medizin, die sie 5 Jahre geschluckt haben, ohne gesund zu werden, nicht mehr nehmen«, so Lafontaine.

»Griechenland sendet ein unüberhörbares Ja für mehr Demokratie und Gerechtigkeit in die gesamte EU. Danke Griechenland, Danke Alexis!«, twittert LINKEN-Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn. LINKEN-Chefin Katja Kipping jubelt ebenfalls: »Der Demos hat gesprochen! Gegen das autoritäre Europa der Austerität und für ein Europa der Demokratie«.

Ein Sieg von David über Goliath

Uneinig zeigten sich dagegen die Vertreter der SPD. Zustimmung und Freude gab es auf Seiten der SPD-LINKEN. »Nein beim Greferendum ist Nein zu Merkels Sparpolitik und Ja zu einem solidarischen Europa!«, twitterte die Juso-Bundesvorsitzende Johanna Ueckermann. Auch die Bundestagesabgeordnete Hilde Mattheis gratulierte den Griechen für ihre Entscheidung mit einem interessanten Vergleich: »Griechen sagen nach erster Auszählung wohl Nein zur Austeritätspolitik! Wie war das mit David und Goliath?!«

SPD-Chef Sigmar Gabriel warf der griechischen Regierung dagegen vor, mit dem Referendum über die Gläubiger-Politik »das griechische Volk auf einen Weg von bitterem Verzicht und Hoffnungslosigkeit« zu führen. Dem »Tagesspiegel« sagte er, Tsipras habe den Menschen vorgemacht, mit einem »Nein« werde die Verhandlungsposition Griechenlands gestärkt. Tatsächlich habe der griechische Regierungschef aber »letzte Brücken eingerissen, über die Europa und Griechenland sich auf einen Kompromiss zubewegen konnten«. Wörtlich fügte Gabriel hinzu: »Mit der Absage an die Spielregeln der Eurozone, wie sie im mehrheitlichen Nein zum Ausdruck kommt, sind Verhandlungen über milliardenschwere Programme kaum vorstellbar.«

Kahrs: Eine Niederlage der Vernunft

SPD-Vize Ralf Stegner meint wiederum, eine vermeintlich unheilvolle Allianz von Europagegner ausgemacht zu haben: »Vereint im Jubel: Linkspartei, CSU und konservative Medien, Rechtspopulisten sowieso. Denkt wer an europäische Werte und griechisches Volk?« Als Troika-Versteher und Extremismusexperte äußert sich auch der SPD-Poltitiker Johannes Kahrs via Twitter: »linksaußen und rechtsaußen freuen sich über das griechische ergebnis. die vernunft hat verloren. mir tun die 11 millionen griechen leid.« Immerhin lässt sich Kahrs in einem weiteren Tweet dazu herab, das demokratische Votum der Griechen anzuerkennen, um gleich noch mahnend zu erklären, Athen werde mit seiner Politik jetzt gegen die Wand fahren. Einig ist er sich mit seinem Parteikollegen Michael Roth: »Wer jetzt jubelt, hat den Ernst der Lage nicht erkannt. Nichts wird leichter. Am allerwenigsten für die Griechinnen & Griechen«, so der Europastaatsminister im Auswärtigen Amt.

CSU ätzt über die »linken Erpresser und Volksbelüger«

Mehr als nur im Ton vergreift sich wieder einmal die CSU gegenüber Athen. »Wir müssen jetzt besonnen reagieren, aber klar ist: die linken Erpresser und Volksbelüger wie (Ministerpräsident Alexis) Tsipras können mit ihrer schmutzigen Tour nicht durchkommen«, sagte Generalsekretär Andreas Scheuer am Sonntagabend. Tsipras und seine Regierung habe dem Volk vorgegaukelt, es gäbe Euros ohne Reformen. Das Referendum kommentierte er mit den Worten: »Kali nichta, Hellas - Gute Nacht, Griechenland!«.

Als hätte das klare Votum der Griechen keinerlei Bedeutung, fährt der CSU-Europapolitiker Markus Ferber gegenüber Spiegel Online weiter auf Konfrontationskurs: »Das Land und die Regierung haben die helfende Hand ausgeschlagen«, sagte der CSU-Politiker und forderte Griechenland auf, den Euro zu verlassen. Letzte Konsequernz sei eine Rettung Griechenlands aus eigener Kraft als einzige Möglichkeit, der Ferber allerdings keine realen Chancen einräumt.

Wie bei der SPD äußern sich Vertreter der Grünen mit gemischten Reaktionen: Grünen-Chef Cem Özdemir äußerte besorgt zum Nein beim Referendum. Die Probleme des hoch verschuldeten Landes würden so oder so auch künftig die Probleme Europas bleiben, sagte er am Sonntag im »Bericht aus Berlin« der ARD. »Man kann Griechenland nicht wegsprengen von Europa.«

Ströbele: Respekt für mutige Griechen

Anders und vor allem differenzierter als der Parteivorsitzende sieht es dagegen der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele. Premier Alexis Tsipras habe Recht gehabt das »griechische Volk will sich nicht alles gefallen lassen. Keine Reformen mit weiteren Grausamkeiten zu Lasten der Armen«. Ströbele sprach von »Respekt für die mutige Entscheidung der Griechen«. Widerständige Demokraten hätten dem Druck und der Drohungen von »EU-Spitzenpolitikern und Medien getrotzt«.

Grünen-Europapolitikerin Rebecca Harms erklärte, »Tsipras und die Regierungschefs der Eurostaaten müssen sich jetzt sehr schnell zusammensetzen«, um über mögliche Auswege aus der festgefahrenen Situation zu verhandeln. Am Ende müssten die Gläubiger nachgeben und weitere Kredite bewilligen. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende nennt das nach ihrer Lesart: »In dieser Situation muss der Stärkere nachgeben.« mit Agenturen

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