An die Hintermänner herankommen

Ministerpräsident Woidke über das deutsch-polnische Polizeiabkommen

  • Lesedauer: 2 Min.
Der 52-jährige Dietmar Woidke (SPD) ist seit August 2013 Ministerpräsident von Brandenburg. Zuvor war er Innenminister. Außerdem ist Woidke Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-polnischen Beziehungen. Über das deutsch-polnische Polizeiabkommen, das an diesem Donnerstag in Kraft tritt, sprach mit ihm Klaus Peters.

Welches sind die wesentlichen neuen Befugnisse der Beamten im jeweils anderen Land?
In gemeinsamen Streifen von deutschen und polnischen Beamten, die es für besondere Situationen bereits seit 2003 gab, sind die Polizisten jetzt mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet. Sie dürfen also auch im Nachbarland aktiv polizeilich tätig werden. Deutsche Polizisten arbeiten unter polnischer Führung und umgekehrt. Und wir haben die Möglichkeit, operative Ermittlungsgruppen zu bilden, auch mit Polizei oder Bundespolizei, um an die Hintermänner der europaweit organisierten Kriminalität heranzukommen. Es ist das weitreichendste Polizeiabkommen, das Deutschland mit einem Nachbarland abgeschlossen hat.

Kann denn nun der deutsche Polizist einen polnischen Autodieb über die Grenze verfolgen und ihn dort festnehmen?
Ja, im Abkommen ist klar geregelt, dass Brandenburger Polizisten einen Autodieb über die Grenze verfolgen können. Dort werden dann die polnischen Kollegen informiert und der Autodieb wird gemeinsam gestellt. Das Agieren der Polizei im jeweils anderen Land ist für mich auch ein Spiegel des gewachsenen Vertrauens zwischen Polen und Deutschen. Bei der polnischen Seite möchte ich mich für dieses Vertrauen gerade vor dem Hintergrund bedanken, was vor 70 Jahren geschehen ist. Auch deutsche Polizeibataillone haben damals eine Blutspur durch Polen, Weißrussland, durch Russland und die Ukraine gezogen, die bis heute nicht vergessen ist.

Seit der Grenzöffnung nach Polen ist die Kriminalität deutlich gestiegen. Lockt der Wohlstand im Westen die Täter an?
Ja, aber es ist das Wohlstandsgefälle zwischen der EU und dem Rest Osteuropas. Es geht also hier nicht um polnische Kriminalität in Deutschland, sondern es geht um europaweite Kriminalität, wo multinationale Banden aus bis zu sechs Ländern arbeitsteilig vorgehen. Polen ist mittlerweile mehr und mehr zum Transitland geworden, aber teilweise auch selbst betroffen von grenzüberschreitender Kriminalität. Deswegen ist es auch im polnischen Interesse, dass wir enger zusammenarbeiten. Das neue Abkommen schafft hierfür wesentliche Voraussetzungen, weil auch die Verhütung von Straftaten, die Prävention, keine Grenze mehr kennt.

Rechnen sie damit, dass die Bevölkerung in der Region dank der neuen Möglichkeiten der Polizei nun bald aufatmen kann?
Wer kurzzeitig an ein vollständiges Erliegen der grenzüberschreitenden Kriminalität glaubt, ist lebensfremd. Ich erwarte aber mittelfristig und langfristig eine deutliche Verbesserung der Situation, weil wir durch die Kooperation in der Lage sein werden, an die Hintermänner heranzukommen. dpa

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