Politikus Franziskus

Auf seiner Lateinamerikareise machte der Papst aus seinem Herzen keine Mördergrube

  • Regine Reibling, Quito
  • Lesedauer: 3 Min.
Papst Franziskus hat sich auf seiner Lateinamerikareise klar politisch positioniert. Ob in Ecuador, Bolivien oder Paraguay - der 78-Jährige prangerte die Missstände auf seinem Heimatkontinent an.

Ob Schutz des Amazonas, Kapitalismuskritik oder Aufarbeitung der Militärdiktatur - Papst Franziskus hatte auf seiner Pastoralreise in Südamerika klare politische Botschaften im Gepäck. Vor allem seine Rede beim Welttreffen der Volksbewegungen in Bolivien erregte Aufsehen. Franziskus entschuldigte sich bei den Ureinwohnern für die Verbrechen der katholischen Kirche während der Kolonialzeit. Dies kam insbesondere beim Gastgeber gut an. Bolivien ist im Vergleich zu Ecuador und Paraguay das Land mit dem höchsten Anteil indigener Bevölkerung und hat mit Evo Morales einen Präsidenten, der aus dem Volk der Aymara stammt.

Gleichzeitig geißelte der aus Argentinien stammende Franziskus den Kapitalismus: »Wir sagen Nein zu einer Wirtschaft der Ausschließung und der sozialen Ungerechtigkeit, wo das Geld regiert anstatt zu dienen. Dieses System verstößt gegen den Plan Jesu.« Mit radikalen Worten wie diesen wurde der 78-Jährige in Medienberichten häufig als subversiv dargestellt, als linker Papst, der von den sozialistischen Machthabern vereinnahmt wird.

Als ob Präsident Morales dies unterstreichen wollte, schenkte er seinem Gast ein Kruzifix in Form und Hammer und Sichel. Doch das verdutzte Gesicht des Papstes sprach Bände. Die Auflösung folgte erst später: Das Symbol stammt aus einer Epoche, in der auch im Jesuitenorden viele Theologen eine Synthese aus marxistischen Revolutionslehren und der Botschaft Jesu für möglich hielten. Der Jesuitenpater Luis Espinal, den Franziskus als »unbequemen Verkünder des Evangeliums« würdigte, hatte diese Skulptur besonders geschätzt.

Distanz hielt Franziskus bei der Reise auf seinen Heimatkontinent auch zum ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa, der innenpolitisch stark unter Druck steht. Vor dem Besuch des Pontifex hatten Zehntausende gegen eine Reform der Erbschaftssteuer demonstriert. Correa hatte sich in seiner Begrüßungsrede auffallend deutlich auf die jüngste Enzyklika des Papstes bezogen. »Ich danke für Ihre Bestätigung, aber vielleicht haben Sie mich zu viel zitiert«, sagte Franziskus. Auch sein Appell zum Schutz des Amazonasgebiets wird vor allem von der Opposition als Kritik an der Regierung verstanden. Correa hat die Erdölförderung im geschützten Yasuní-Nationalpark ausgeweitet. Naturschützer und indigene Gruppen wehren sich seit Jahren dagegen.

In Paraguay sprach der Papst das dunkle Kapitel der Militärdiktatur an und würdigte die Anstrengungen beim Aufbau der Demokratie. Ideologischen Sichtweisen erteilte er eine Absage. Paraguay war 1954 bis 1989 unter dem deutschstämmigen General Alfredo Stroessner eine Diktatur. Eine strafrechtliche Aufarbeitung hat es bislang, auch unter Präsident Horacio Cartes, nicht gegeben.

Innerkirchliche Themen sowie strittige familienpolitische Fragen wie Abtreibung und Scheidung spielten bei dieser Reise hingegen eine untergeordnete Rolle.

Zurück in Rom kann sich Franziskus von seiner Reise mit sechs Flügen, 21 Ansprachen und extremen Klima- und Höhenunterschieden nur kurz erholen. Seine nächste Reise steht kurz bevor. Im September bricht er nach Kuba und in die USA auf. Der Vatikan hatte bei der Annäherung der beiden ehemaligen Erzfeinde vermittelt.

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