Beratung billiger als ein Anwalt
Verbraucherzentrale bezieht neue Räume in Potsdam
Für Fotos und Videos schraubt Verbraucherschutzminister Helmuth Markov (LINKE) am Freitagmorgen noch ein wenig an der Leuchtschrift über dem Eingang herum. Dann ist die Neueröffnung der Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB) in den Potsdamer Bahnhofspassagen vollzogen.
Minister Markov, dessen Ressort die Zentrale finanziert und mit 300 000 Euro auch den Umzug bezahlt hat, ist überzeugt von der Wichtigkeit der Einrichtung. »Nicht jeder hat die Möglichkeit, zum Anwalt zu gehen«, wenn er mit Waren oder Dienstleistungen ein Problem habe. Die Beratung sei »entschieden billiger«.
VZB-Geschäftsführer Christian A. Rumpke ergänzt, bei der Erstberatung werde eine Art Schutzgebühr von lediglich fünf Euro erhoben. Die unabhängige Patientenberatung koste gar nichts. Auf diese Weise können die 18 Standorte der Verbraucherzentrale im Land Brandenburg natürlich nicht kostendeckend arbeiten. Von einst 1,3 Millionen Euro jährlich hat sich der Zuschuss des Landes nun auf 1,42 Millionen pro Jahr erhöht.
Mit den neuen Räumen in den Potsdamer Bahnhofspassagen hat die Verbraucherzentrale Markov zufolge »eine zeitgemäße Anlaufstelle, um die Bürgerinnen und Bürger optimal zu beraten«. Drei Einrichtungen seien auf einen Standort konzentriert worden. Die Arbeit der Verbraucherzentrale sei in ständigem Wandel begriffen, informierte Markov, der als Minister auch für die Justiz und für die Europapolitik zuständig ist.
Waren früher vor allem Haustürgeschäfte und Telefonverträge das Problem, so stelle heute das Internet viele Menschen vor schwierige Fragen, heißt es. Wie damit umgehen, dass ein Anwalt per Abmahnung auf einmal 600 Euro fordert? Und vor allem: Wer da gleich und aus Angst bezahlt, der werde demnächst mit solchen Forderungen überschüttet. »Offenbar tauschen die betreffenden Stellen die Adressen aus.« Mit sachkundiger Beratung auch in solchen bedrohlichen Situationen werde die Verbraucherzentrale ihrem in langen Jahren erworbenen guten Ruf gerecht.
Geschäftsführer Rumpke nannte als weiteren Schwerpunkt die Energieberatung. Für finanzschwache Bevölkerungsgruppen sei eine solche Energieberatung kostenlos. Themen können aber auch Markt und Recht sein, ferner Reise, Freizeit, Finanzen, Versicherungen, Lebensmittel, Ernährung, Medien, Bauen und Wohnen. In Frankfurt (Oder) unterhält die brandenburgische Verbraucherzentrale ein deutsch-polnisches Beratungszentrum, wo die Dinge zur Sprache gebracht werden können, die sich aus dem grenzüberschreitenden Warenaustausch und den unterschiedlichen Rechtslagen in Deutschland und Polen ergeben.
Rund 120 Abmahnprüfverfahren hat die Zentrale im vergangenen Jahr gegen Unternehmen eingeleitet. In Potsdam waren 40 Vier-Sterne-Hotels betroffen, deren allgemeine Geschäftsbedingungen mit Mängeln behaftet waren. Laut Rumpke werde die Zentrale aktiv, »wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist«, aber sie arbeite auch vorbeugend. Über die Reche der Verbrauche und Maschen zur Abzocke wird aufgeklärt, Spartipps werden gegeben. Rund 70 000 Bürger wenden sich pro Jahr an die Verbraucherzentrale, etwa zehn Prozent dieser Menschen tun dies in Potsdam.
Die Modernisierung des Potsdamer Standorts nach 25 Jahren soll nur ein erster Schritt gewesen sein bei der Verbesserung des Beratungsnetzes im ganzen Land. Weitere Standorte sollen in den kommenden Jahren nach Potsdamer Vorbild drankommen. Dazu will Geschäftsführer Rumpke die Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder) und Cottbus in seine neuen Räume einladen. Für die Wirksamkeit der Beratung seien die Erreichbarkeit der Geschäftsstellen und ihre prominente Präsenz im Stadtbild enorm wichtig, sagt Rumpke.
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