Geständnis einer Daseinsnot

Gysi, Tsipras und die »ideologische Reinheit«

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: ca. 4.5 Min.

Auch das Parlament ist eine Bühne. Das öde Repertoire der falsch gespielten Tragödien und unfreiwilligen Komödien wird von Zeit zu Zeit unterbrochen von Sternminuten - die eine wertvolle Wahrheit erhellen: Erst wenn Politiker ihr Gesicht an den Widerspruch verlieren, gewissermaßen an den Schmutz des Lebens, haben sie eins. Gesichter im Vorfeld einer heftigen Getroffenheit sind noch keine. Entblößung ist demnach wie Taufe - oder besser: das Wasser davon. Erfrischung also. Erfrischung inmitten großer Erschöpfung. In diesem Sinne gehen mir zwei politische Bekundungen der letzten Woche nicht aus dem Kopf.

Gregor Gysi sagte am vergangenen Freitag im Bundestag, dass er als Mitglied des griechischen Parlaments »bei schwersten Bauchschmerzen und Bedenken« dennoch mit ›Ja‹ zum Gläubiger-Diktat gestimmt hätte - um »eine Katastrophe, eine Verelendung des griechischen Volkes« zu verhindern. Wohlgemerkt: ein »Ja« in Athen, in Berlin aber: »Nei...


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