Polens Rechte: Nur Christen aufnehmen

61 Hilfsorganisationen schämen sich für Auswahl

  • Julian Bartosz, Wroclaw
  • Lesedauer: 2 Min.

Die frühere katholische Religionslehrerin Teresa Piotrowska, die jetzt unter Premierin Ewa Kopacz als Innenministerin fungiert, brachte aus Brüssel die Information mit, dass nach dem Gebot der Solidarität Polen 2600 Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern aufzunehmen habe. Außenminister Grzegorz Schetyna sprach von lediglich 2000 und fügte hinzu, diese Zahl sei allerdings lediglich provisorisch. An diesem Dienstag soll sie nun vom Kabinett bestätigt werden.

Sein Vize Piotr Trzaskowski interpretierte das »solidarische Volumen« als Sieg von Ewa Kopacz. Die habe sich einem »Automatismus« bei der Zuteilung der Flüchtlingsquote widersetzt. Sie selbst appellierte an die Empfindsamkeit der Polen. Sie würden sich doch gewiss an die europäische Solidarität erinnern, als im »Kriegszustand« nach 1982 »Tausende unserer Landsleute im Westen Europas Zuflucht erhalten haben«. So wie ihnen geholfen worden sei, würden auch sie helfen.

Ihr ehemaliger Parteikollege in der Bürgerplattform (PO), der nach zweijähriger Amtszeit als Justizminister wegen abenteuerlicher Reformen entlassen wurde, versteht das »Helfen« auf seine eigene katholische Art. Er war voriges Jahr zur Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) gewechselt und sieht sich schon als Präses von »Polen Gemeinsam« in der »Vereinten Rechten« ab Herbst wieder auf den Regierungsbänken. »Wir sollen Flüchtlinge aufnehmen. Doch dürfen dies nicht Islamisten sein, denn die assimilieren sich nicht.« Hunderttausende Muslime würden im Westen Europas die Pest des Terrorismus verbreiten. »Sollten wir Muslime aufnehmen, fänden sie bei uns Partner«, was den Terror nach Polen bringen könnte. Selektion? »Ja, das klingt zwar brutal, aber wir müssen unseren Selbsterhaltungsinstinkt wahren.« Es könne doch nicht sein, dass die Polen einfach dem Herzen erliegen würden.

Helfen will auch die Stiftung »Estera«, die die polnische Regierung bittet, 1500 syrische Christen so schnell wie möglich nach Polen einzufliegen. Am vergangenen Freitag kamen bereits 60 Familien, darunter zwölf Kinder. Etliche TV-Nachrichtensendungen zeigten mehrmals diese humanitäre Aktion.

Vertreter von 61 Nichtregierungsorganisationen, die als »Auslandgruppe« ihre Tätigkeit koordinieren, darunter »Polnische Humanitäre Aktion« »Klub für bäuerliche Bildung«, »Grünes Netzwerk« und viele andere, gaben eine gemeinsame Erklärung ab, dass sie sich wegen einer derartigen konfessionellen Auswahl der Hilfsbedürftigen schämen würden.

Nach Erhebungen des Meinungsforschungsinstitutes CBOS sind drei Viertel der Polen für Hilfe - ohne Rücksicht darauf, welchen Gott sie anbeten. Wie aber das Institut für Medienmonitoring feststellte, ist das Verhältnis zur Hilfe eher kühl. Aus einer anderen Quelle geht hervor, dass letzte Woche von etwa 8000 Eintragungen auf Facebook sich ein Viertel gegen den Empfang von Flüchtlingen aussprach.

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