»Bettler sind wir alle«

Notizen aus Venedig

  • Gunnar Decker
  • Lesedauer: ca. 4.5 Min.

»Bettler sind wir alle«: Im dritten Teil seiner »Notizen aus Venedig« stöhnt Gunnar Decker unter der schwülen Hitze der Stadt im Meer. Als er seinen Balkon einmal verlässt, trifft er auf Unerwartetes: Auf eine evangelische Kirchengemeinde und eine Ausstellung zu Ernst Barlach, dem »Gottsucher der leidenden Menschheit«.

Der Wind fährt Karussell. Eben noch kam er von vorn, da ist Norden, da sind die Berge, da ist Kühle, jetzt kommt er schon wieder aus Süden, da ist nichts als heiße feuchte Luft. Auf meinem Balkon sitze ich seit Tagen wie in einer ab und zu von kalter Zugluft durchwehten Waschküche. Noch schlimmer ist es nur, wenn plötzlich gar kein Wind mehr weht und man nur noch mühsam wie durch Watte die faulige Kanalluft atmet.

Es ist dann, als ob jemand einen Topf Milch über der Stadt ausgegossen hätte, die langsam aber unaufhaltsam in jede Fuge des Mauerwerks, in jede Pore der Haupt einsickert. Ja, man kann bei solchem Wetter leicht verrückt werden, die Venezianer wissen das, machen Fenster und Türen zu, stellen ihre Klimaanlagen auf Frost und werden in dicken Pullovern uralt. Aber ich?

Ich will nicht ignorant sein und mir darum etwas von der Biennale anschauen. Ich blättere im Programm und erfahre, dass die Idee einer modernen Kunstauss...


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