Die deutsche Elite findet Schäuble topp

Allensbach-Umfrage zu Griechenland offenbart Unterschiede zwischen Politikern und Wirtschaftskapitänen

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Mehrheit der deutschen Elite zweifelt an griechischer Reformbereitschaft. Über den Verbleib des Landes in der Euro-Zone gibt es jedoch zwischen den Spitzenkräften in Wirtschaft und Politik Dissens.

Zweimal im Jahr führt das Institut für Demoskopie Allensbach seit 1987 im Auftrag von »Capital« und neuerdings auch der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« vorgeblich »Europas exklusivste Umfrage« durch: das Elite-Panel. Befragt werden von den Demoskopen vom Bodensee 500 sogenannte Top-Entscheider aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung - darunter 72 Vorstände aus Konzernen mit mehr als 20 000 Beschäftigten, 20 Ministerpräsidenten und Minister und 22 Leiter von Bundesbehörden.

Bei den am Mittwoch in Berlin vorgestellten Ergebnissen der jüngsten Befragung, die zwischen 22. Juni und 7. Juli - also rund um das Referendum in Griechenland - durchgeführt wurde, spielten deshalb neben den üblichen Konjunkturerwartungen, zahlreichen bislang strittigen Politikfeldern und dem Ansehen der einzelnen Mitglieder des Kabinetts Merkel auch das Mittelmeerland und die Lage in Europa eine größere Rolle.

Dabei ermittelte das Institut in Allensbach, dass mehr als drei Viertel (77 Prozent) der deutschen Elite bezweifeln, dass es gelingen werde, mit Griechenland verbindliche Reformpläne zu vereinbaren. Dieses Misstrauen ist offenbar Anlass für insgesamt 63 Prozent, sich Sorgen über die Situation in der Euro-Zone zu machen. Unter Spitzenkräften in der Politik herrscht mit 75 Prozent allerdings eine weitaus größere Besorgnis als in der Wirtschaft, wo sich immerhin aber noch 59 Prozent sehr stark oder stark beunruhigt zeigen.

Ein echter Dissens zwischen Wirtschaft und Politik tritt zutage, wenn nach dem Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone gefragt wird. Während 62 Prozent der befragten Politiker dafür votieren, dass Griechenland in der Euro-Zone gehalten werden sollte, sind 60 Prozent der Wirtschaftskapitäne der Meinung, Hellas sollte sie verlassen. Zusammengefasstes Urteil, das im Ausland durchaus registriert werden dürfte: Mehr als die Hälfte (55 Prozent) der deutschen Elite ist dafür, dass Griechenland die Euro-Zone verlassen sollte.

Durchaus unterschiedlich allerdings werden auch die Chancen und Risiken eines Grexit vom Spitzenpersonal in Politik und Wirtschaft eingeschätzt. Während 57 Prozent der Wirtschaft mit einem Ausscheiden Griechenlands mehr Chancen für die Euro-Zone verbinden und immerhin 54 Prozent auch größere Chancen für Griechenland selbst sehen, sind die Politiker da etwas vorsichtiger. Sie machen mehrheitlich (58 Prozent) mehr Risiken für die Euro-Zone nach einem Grexit aus - mehr als zwei Drittel (69 Prozent) sehen zudem größere Risiken für die griechische Seite.

Besorgnisse, Dissens, unterschiedliche Einschätzungen - vor allem ein deutscher Politiker profitiert durchweg von der Griechenlandkrise: Wolfgang Schäuble. Trotz der massiven Kritik aus dem Ausland und ungeachtet der Gerüchte über scharfe Auseinandersetzungen zwischen der Kanzlerin und ihrem Finanzminister - Schäubles Ansehen bei der Elite stieg jedenfalls auf einen neuen Bestwert. 92 Prozent der Top-500 bescheinigen ihm nicht zuletzt wegen seines resoluten Auftretens in Brüssel, das in der deutschen Öffentlichkeit bekanntlich nicht nur auf Beifall gestoßen war, eine gute Arbeit - ermittelten die Demoskopen. Das sind immerhin acht Prozent mehr, als der CDU-Politiker bei der letzten Befragung im Jahre 2014 erreichen konnte.

Für ein anderes Regierungsmitglied lief es dagegen längst nicht so gut. Auch an seinen widersprüchlichen Äußerungen zu Griechenland dürfte es liegen, dass der Bundeswirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel an Zustimmung verliert. Er überzeugt nur noch 37 Prozent der führenden Entscheider des Landes - und damit elf Prozent weniger als 2014. Überhaupt verlor Gabriel gegenüber Angela Merkel weiter an Terrain - zu denken sollte ihm geben, dass ihm von der Elite des Landes mit jeweils ganzen 18 Prozent insbesondere kaum politisches Fingerspitzengefühl und Glaubwürdigkeit attestiert werden.

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