Zschäpe zeigt ihre Anwälte an

Angeklagte im NSU-Prozess erstattet Anzeige wegen Verletzung der Schweigepflicht

  • Lesedauer: 2 Min.

Die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe hat ihre drei ursprünglichen Verteidiger angezeigt. Nach den Worten eines Sprechers der Staatsanwaltschaft München I ging die Anzeige am Freitag bei der Behörde ein, er bestätigte einen entsprechenden Bericht der Onlineausgabe der »Bild«-Zeitung. Der Vorwurf lautet dem Sprecher zufolge auf Verletzung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht durch die Anwälte Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm.

Die Anzeige werde nun geprüft, sagte der Sprecher. Wann mit einem Ergebnis zu rechnen sei, sei noch offen. Im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München hatte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl am Montag über Gespräche mit den drei ursprünglichen Zschäpe-Verteidigern berichtet. Nach Angaben ihres neu hinzugezogenen vierten Pflichtverteidigers wusste Zschäpe aber nichts von diesen Gesprächen.

Bereits am 20. Juli hatte Wolfgang Heer auch namens seiner Kollegen um die »Aufhebung der Bestellung« als Pflichtverteidiger gebeten. Grund: Eine optimale Verteidigung sei nicht mehr gewährleistet. Mehr wollte er mit Hinweis auf seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht nicht erklären. Mehrfach habe er ihn darauf hingewiesen, dass das Verfahren gefährdet sei, warf Heer dem Vorsitzenden Richter Manfred Götzl vor. Doch der habe die Warnungen »in den Wind geschlagen«. Götzl unterbrach die Verhandlung. Dann verkündete er, dass der Antrag abgelehnt werde.

So war es von den Vertretern der Nebenklage erwartet worden. Denn anderes hätte ein Aussetzen des Prozesses, also einen Neustart und die denkbare Entlassung der Angeklagten Beate Zschäpe sowie Ralf Wohlleben aus der Untersuchungshaft bedeuten können. Zudem sieht das Gesetz die Mandatsniederlegung eines Pflichtverteidigers nicht vor. Zu solchen Fällen kam es nur dann, wenn das Vertrauensverhältnis zum Mandanten so »nachhaltig erschüttert« war, dass eine Verteidigung objektiv unmöglich wurde.

Die Angeklagte hatte bereits im Juni die »Entbindung« von Anja Sturm beantragt hatte, doch Götzl hatte dem nicht zugestimmt. Stattdessen berief er Mathias Grasel zum vierten Pflichtverteidiger. nd/Agenturen

Lesen Sie zum Hintergrund:

> Die Abschirmer und die Ablenker. Der NSU-Prozess geht weiter

>Ausnahmezustand: »Staatsaffäre NSU«

> Der Donner verhallte. René Heilig zu den sich verstärkenden Sorgen um die NSU-Strafverfolgung

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -