Marxist ist man nicht allein

Wolfgang Fritz Haug über verlorenes Hinterland, Leben in konkreter Utopie und Dialektik, die für Überraschungen gut ist

Im Lauf der Jahre habe ich dann und wann, und nicht ohne Unbehagen, mich gefragt, wie ich im Fernsehen (warum gerade im Fernsehen?) auf die Gretchenfrage antworten würde, ob ich Marxist sei. Ich mag die Frage nicht, ich mag mich nicht festlegen lassen, selbst da nicht, wo ich mich festgelegt habe. Außerdem hat die Antwort, wie immer sie ausfällt, für den Fragenden etwas Triumphalistisches: Aha, jetzt hab ich dich! Die Frage bejahend würde ich mich vor einer anonymen Öffentlichkeit all den Klischees, dem Halbwissen und dem Verleumderischen aussetzen, das sich an den Begriff angelagert hat. Meine Antwort müsste in dem Versuch bestehen, den Begriff zu reinigen, zu klären und historisierend in seinem Gebrauch zu verfolgen. Wo anfangen, wie verfahren? Und gesetzt, es gelänge mir mit der notwendigen Klarheit und Prägnanz, bliebe die weitere mich bedrängende Frage: Bin ich denn Marxist? Weiß ich genug, um Marxist zu sein? Eingeschüchtert seit...


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