Eine Mauer quer durch Oldenburg

Trassenpläne der Bahn empören Anwohner

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Vier Meter hohe Lärmschutzwände auf beiden Seiten der Bahnlinie, die mitten durch Oldenburg verläuft, werden die 160 000-Einwohner-Stadt nahe Bremen »wie geteilt« erscheinen lassen: Das meint die »Interessengemeinschaft der Bahnanlieger Oldenburg« (IBO) mit Blick auf den geplanten Ausbau der Strecke zum Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven, Deutschlands einzigem Tiefseehafen. Dieser Ausbau hat bereits begonnen und soll bis 2019 vollendet werden. Darauf haben sich das Land Niedersachsen und die Deutsche Bahn jüngst geeinigt.

»Mit diesen Lärmschutzwänden wird es bei uns aussehen wie damals in Berlin, als noch die Mauer stand«, schimpft Friedrich Wilhelm Wehrmeyer, zweiter Vorsitzender der IBO. »So etwas wollen wir hier nicht«, betont er gegenüber »nd«. »Und auch nicht den Lärm durch die vielen Güterzüge, mit denen wir eines Tages wohl rechnen müssen. Wir wollen, dass die Bahn den Güterverkehr auf einer Umgehungsstrecke um die Stadt herum verlegt, und zwar entlang der Autobahn, der A 29.«

Die Bahn und das rot-grün regierte Land Niedersachsen wollen die vorhandene 56 Kilometer lange Schienenstrecke zwischen Oldenburg und dem Jade-Weser-Port für einen starken Güterverkehr »ertüchtigen«. Rund 844 Millionen Euro wird das kosten, die EU will das Vorhaben mit 35 Millionen Euro fördern. »Der zügige Ausbau und die Elektrifizierung der Bahnstrecke haben für uns höchste Priorität«, sagte Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) nach einem Gespräch mit Bahnchef Rüdiger Grube. In dieser Unterredung war das Ausbaukonzept erörtert worden.

Die Planung sieht vor, dass der Hafen auch während der Ausbauphase durchgehend erreichbar ist, unterstrich Lies. Er blickt optimistisch auf die Entwicklung des 2012 eröffneten Hafens, der nach erheblichen Anlaufschwierigkeiten seinen Nimbus als Pannenport und Investitionsruine nun langsam zu verlieren scheint. Seit diesem Frühjahr steuern zunehmend große Containerschiffe den eine Milliarde Euro teuren Hafen an.

Sollte der Hafen eines Tages so ausgelastet sein, wie es sich die Länder Bremen und Niedersachsen sowie die Eurogate GmbH als Investoren erträumen - nämlich mit einem Umschlag von 2,7 Millionen Containern pro Jahr - wird die Belästigung in Oldenburg nach Ansicht der IBO unerträglich sein. »Dann rauscht hier alle 15 Minuten ein Zug durch die Stadt - und es wird ganz erhebliche Verkehrsbehinderungen auf den Straßen geben«, sieht Wehrmeyer voraus. Schon jetzt, wo nur etwa 30 von Dieselloks gezogene Züge pro Tag durch die Stadt rollen, gebe es an Bahnübergängen lange Autostaus. »Oft über einen Kilometer lang.«

Die Bürgerinitiative habe keinesfalls etwas gegen den Jade-Weser-Port, hebt der Oldenburger hervor. Doch es wäre auch im Sinne des Projekts, wenn die Güterstrecke um die Stadt herum geführt würde. Eine solche Trasse könne »in aller Ruhe und zügig« gebaut werden. Rund 8500 Bürger und Bürgerinnen Oldenburgs haben Einwendungen gegen die aktuelle Planung erhoben. »Und notfalls werden wir auch klagen«, kündigt Wehrmeyer an.

Aber vielleicht kommt es doch anders. Immerhin räumte der Minister ein, dass es in puncto Streckenausbau Probleme in Oldenburg gebe, weil dort das Planfeststellungsverfahren noch nicht vollendet ist. Gegenüber der Presse sagte Lies: »Unser Signal an die Oldenburger ist, dass wir Lärmschutz und Elektrifizierung zügig ausbauen und dann daran arbeiten, wie eine mögliche Umfahrung aussehen könnte.«

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