Schnellverfahren mit Bischofs Segen
Das Oberhaupt der lutherischen Kirche in Sachsen fordert »verkürzte Verfahren« für Flüchtlinge aus den Westbalkanstaaten
Während in Sachsens Landeshauptstadt rassistisch motivierte Demonstranten ein neues Zeltlager für Flüchtlinge belagern, plädiert der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche für eine harte Linie in der Flüchtlingspolitik. Asylverfahren von Balkanflüchtlingen müssen für Jochen Bohl dringend verkürzt und beschleunigt werden. Probleme in Montenegro, Serbien oder Bosnien-Herzegowina könnten nicht dadurch gelöst werden, dass ihre Bewohner nach Deutschland kommen. »Das ist einfach undenkbar«, sagte der Gottesmann der dpa.
Für Menschen, die aus Syrien, Irak oder Eritrea flüchteten, sei die Aufnahme nach Asylrecht und Flüchtlingskonvention ein »Gebot der Menschlichkeit«, führte Bohl weiterhin aus. Für Zuwanderer, die nach Deutschland kämen, weil sie keine Zukunft sehen, sei das Asylrecht nicht vorgesehen.
Bohl befürwortet, in Verfahren von Balkanflüchtlingen das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten anzuwenden. »Wenn man weiß, dass in einem Land (...) keine systematische politische Verfolgung stattfindet, können die Anträge auch in verkürzten Verfahren behandelt werden.« Angezeigt seien auch rasche Abschiebungen. Es könne »nicht so sein, dass jeder, dem es gelingt, deutschen Boden zu betreten, auch das Recht hat, hier dauerhaft zu bleiben.«
Indirekt deutete Bohl sogar Verständnis für Mobilisierungen gegen Flüchtlingsunterkünfte an: Es führe »bei vielen Menschen zu einem gewissen Verdruss«, dass »offenkundige Probleme sehr schwer und mühselig geregelt werden und es nicht zeitnah zu einer Lösung kommt.«
Die Flüchtlingsfrage in Deutschland wie in der Europäischen Union müsse »im Geist der Menschlichkeit gelöst« werden. Doch müsse zugleich »auch im Blick bleiben, dass es um Fragen geht wie Steuerung der Einwanderung, Integrationsfähigkeit und Bereitschaft zur Aufnahme«. In der Flüchtlingspolitik stünden Aufgaben an, die »nüchtern und pragmatisch geregelt werden müssen und nicht über so lange Zeiträume vor sich hin schwären dürfen«. nd/dpa
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