Erdogan kündigt Friedensprozess mit PKK auf
NATO schweigt zu aggressivem Kurs gegen Kurden und sichert der Türkei »starke Solidarität« zu
Berlin. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat den Friedensprozess der Regierung in Ankara mit der kurdischen PKK für beendet erklärt. »Es ist nicht möglich, einen Lösungsprozess fortzuführen mit denjenigen, die die Einheit und Integrität der Türkei untergraben«, sagte Erdogan am Dienstag in Ankara. Die Türkei werde ihren Militäreinsatz gegen PKK-Lager in Nordirak und IS-Stellungen in Syrien »mit Entschlossenheit« fortsetzen.
Durch Erdogans Kurs gerät die türkische Kurdenpartei HDP unter Druck. Bei der Wahl vom 7. Juni hatte sie rund 13 Prozent der Stimmen und 80 Parlamentssitze erhalten und damit die absolute Mehrheit für Erdogans islamisch-konservative AKP verhindert. Der Präsident forderte nun die Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Kurdenpolitikern, die Verbindungen zu »Terrorgruppen« unterhielten.
Die NATO-Partner sicherten der Türkei angesichts des Konflikts in Syrien und Irak ihre »starke Solidarität« im Kampf gegen »Terrorismus« zu. Nach einer Sondersitzung erklärte die Allianz am Dienstag in Brüssel, »Terrorismus« stelle »eine direkte Bedrohung für die Sicherheit der NATO-Länder« dar. Die türkischen Angriffe gegen PKK in Nordirak erwähnt die NATO-Erklärung nicht.
Die türkische Armee hatte am Freitag nach einem schweren Anschlag erstmals Luftangriffe gegen Stellungen der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien geflogen. Am 20. Juli waren bei einem Selbstmordattentat auf ein prokurdisches Treffen im türkischen Suruc unweit der syrischen Grenze 32 Menschen getötet worden. Die Tat wurde dem IS zugeschrieben, löste aber Proteste von Kurden in der Türkei aus. Sie werfen Ankara vor, den IS zu dulden oder gar zu unterstützen.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, die Türkei habe bei dem von ihr beantragten Treffen »keine zusätzliche Militärpräsenz« verlangt. In der Erklärung des Bündnisses hieß es, die NATO verurteile die »Terrorangriffe gegen die Türkei«. Die Bündnispartner nahmen dabei Bezug auf den Anschlag von Suruc und »andere Angriffe gegen Polizei- und Militäroffiziere«.
Am 23. Juli war ein Unteroffizier der türkischen Armee bei einem IS-Angriff auf einen Grenzposten getötet worden. Tags zuvor starben zwei Polizisten durch einen Anschlag. Zu ihm bekannte sich die PKK und bezeichnete ihn als Vergeltung für die Bluttat von Suruc. Darauf folgten die Angriffe auf PKK-Lager in Nordirak.
Diplomaten zufolge gab es bei dem NATO-Treffen keine offene Kritik an der Türkei. Einige Länder hätten aber ein »verhältnismäßiges« Vorgehen verlangt.
In Brüssel demonstrierten etwa 30 Kurden vor dem Europaparlament gegen die türkische Politik. Ankara kämpfe nicht gegen den IS, »sondern gegen das kurdische Volk«, sagte Zübeyir Aydar vom Kurdistan-Nationalkongress. Er forderte die NATO auf, als »Vermittler« zwischen der Türkei und den Kurden aufzutreten, um den Friedensprozess zu retten und die Kurden im Kampf gegen den IS zu stärken. Agenturen/nd Seite 7
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