Sonnenhelle Tage

Ute Fritsch mit Ringelnatz auf Hiddensee

  • Sabine Neubert
  • Lesedauer: 3 Min.

Liebenswerte und verborgene Ecken und Kanten eines Dichters und einer Insel sind zu entdecken. Mit diesem reich bebilderten Hiddensee-Buch öffnet die Autorin, Inselführerin, Germanistin und Verlegerin Ute Fritsch eine Zauberkiste voller literarischer, kultureller (und zuweilen auch sehr menschlich-intimer) Schätze, sprich: Informationen über die Insel Hiddensee, einst »das Capri von Pommern« genannt, über den »dichtenden Matrosen« Joachim Ringelnatz, seine »Seelenfreundin« Asta Nielsen und ihre vielen Künstlerfreunde, Schauspieler, Dichter, Maler, Musen. Die tummelten sich in den Zwanzigern und Dreißigern des vorigen Jahrhunderts auf der Insel, inspiriert von Meer, Licht und Sonne, fröhlich zechend und sich vom Berliner Großstadt-Stress erholend.

Eingeladen von der Schauspielerin Asta Nielsen, weilte Ringelnatz erstmals vom 10. Juni bis 1. Juli 1929 zusammen mit seiner Ehefrau, genannt Muschelkalk, auf Hiddensee. In den folgenden Jahren sollten sich diese Inselsommer jährlich wiederholen. Mit dem Wort »glücklich« beginnt der Text des Buches. Glücklich, so schreibt die Autorin, sei der Dichter in »sonnenhellen Tagen« auf der Insel gewesen, »ewig Bernstein suchend, immer nur Schnaps findend«.

Den unbeschwerten Stunden und der engen Freundschaft mit der Schauspielerin sind viele schöne, heitere Gedichte (im Buch abgedruckt unter anderen »Morgensonne« und »Insel Hiddensee«), Gemälde und Zeichnungen von Ringelnatz zu verdanken, vor allem die heute fast vergessene Seemannsballade »Die Flasche«. Wie ein Roter Faden begleitet die kleine Zeichnung einer Flasche den Leser bei der Lektüre des Bandes. So einige »Flaschen« sind auch in den Texten nicht zu überlesen.

Bescheiden spricht die Autorin von »Spurensuche«, was weit untertrieben ist. Ute Fritsch, die seit mehr als zehn Jahren die Sommer über auf Hiddensee lebt und dort Künstlerführungen anbietet, hat für diese Dokumentation Erstaunliches und sehr viel bisher Unveröffentlichtes zutage gefördert. Bibliotheken und Archiven, den Tagebüchern Asta Nielsens, den Arbeiten Renate Seydels, den Erinnerungen eines Hiddenseer Lehrers und Nachkommen von Freunden konnte sie neben Bekanntem auch bisher Unbekanntes entnehmen. Das Buch enthält eine Fülle von erstveröffentlichten Dokumenten, Briefen und Fotografien des Dichters und der Schauspielerin samt Freunden.

»Ringelnatzige« Spaziergänge führen über die Insel und zu den Lieblings-Strandplätzen samt Steinesuche, zu den bevorzugten Restaurationen, der Schankwirtschaft »Am Bollwerk« in Kloster oder zum »Hotel Dornbusch«. Ein Kapitel ist dem runden Sommerhaus Asta Nielsens, genannt »Karusel«, als Schauplatz der schönsten gemeinsamen Stunden gewidmet, ein weiteres dem zwiespältigen Verhältnis zwischen dem beliebten Volksdichter Ringelnatz und dem äußerst distanzierten »zweiten Goethe« Gerhart Hauptmann.

Das informative Buch ist spannend und kurzweilig zu lesen und besticht durch seine Vielfalt. Jede Seite macht neugierig auf die nächste.

Ute Friitsch: Mit Ringelnatz auf Hiddensee. Ein poetischer Spaziergang. Verlag JENA 1800. 148 S., 196 Abb., br., 19,80 €.

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