K+S interviewt seine Aktionäre
Der Kaliriese verschickt Fragebögen und will sich von der Bundesregierung vor der Übernahme retten lassen
Der Düngemittelkonzern Potash Corporation of Saskatchewan Inc. setzt seine Bemühungen um den Kauf des deutschen Konkurrenten Kali+Salz AG (K+S) fort. Bei der Vorlage seiner Quartalszahlen teilte das kanadische Unternehmen in dieser Woche mit, trotz »anfänglicher Zurückweisung« weiterhin das Gespräch mit den Deutschen über einen möglichen Zusammenschluss zu suchen.
Die umworbene Konzernspitze in Kassel ziert sich bislang, auf die freundliche Anfrage aus der Provinz Saskatchewan einzugehen. Stattdessen ließ Vorstandsvorsitzender Norbert Steiner einen Fragebogen an abertausende Aktionäre verschicken. »Die Meinung der Aktionäre ist uns sehr wichtig«, erklärte ein Sprecher die wohl erstmalige Volksbefragung in einem DAX-Konzern. Die Umfrage solle ein aktuelles Stimmungsbild unter den Aktionären über die Ablehnung des Übernahmevorschlags durch den K+S-Vorstand ergeben, um die Interessen der Aktionäre »bestmöglich« vertreten zu können.
Acht Fragen finden sich auf dem Bogen, der dem »nd« vorliegt, darunter: »K+S soll unabhängig bleiben?« oder »Sollte ein Angebot (direkt an die Aktionäre) zur Übernahme der K+S-Aktie vorliegen, würden Sie dieses annehmen?« Und wenn ja, zu welchem Preis? Potash bot bislang 41 Euro je Aktie - etwa fünf Euro mehr als der aktuelle Börsenkurs. Der Übernahmepreis würde sich dadurch auf gut acht Milliarden Euro summieren. Die Aktionäre wurden gebeten, den Fragebogen bis diesen Freitag zu beantworten - die Ergebnisse der Umfrage sollen frühestens in der kommenden Woche veröffentlicht werden.
K+S gehört zu den »Großen Vier«, die den Kali-Weltmarkt als Oligopol dominieren. In den 1990er Jahren hatte das Unternehmen, das damals noch mehrheitlich BASF gehörte, die ehemaligen staatlichen Unternehmen der DDR von der Treuhand übernommen. Dadurch verblieb K+S als einziger großer deutscher Kali- und Salzbergwerkskonzern und stieg weltweit in die erste Liga auf.
Angeführt wird das Oligopol heute vom russischen Anbieter Uralkali und dem belorussischen BPS, die zusammen über 40 Prozent des Weltmarktes abdecken. Zum Kali-Kartell zählen Beobachter noch die nordamerikanische Vertriebskooperation Canpotex, zu der auch Potash gehört.
Kali ist ein wichtiger Grundstoff für Düngemittel. Die wachsende Weltbevölkerung, knappe Agrarflächen und der vermehrte Fleischkonsum in den aufstrebenden Schwellenländern sollen laut Prognosen dafür sorgen, dass die Nachfrage nach Landwirtschaftsprodukten und damit nach Dünger langfristig rasant wächst. Andererseits ist das Salz »Kaliumchlorid« nicht wirklich knapp. Weltweit gibt es genügend Lagerstätten zur Ausbeutung. Um den Preis trotzdem möglichst hoch zu halten, haben die wichtigsten Produzenten mehr oder weniger offensichtlich ein weltweites Kali-Kartell gebildet. Potash will nun weiter wachsen - beraten wird dessen Konzernchef Jochen Tilk bei dem Übernahmeversuch laut Medienberichten von der Deutschen Bank.
Nicht nur Vorstand und Aufsichtsrat von K+S lehnen das Angebot zumindest zu diesem Preis ab. Nein sagt auch die Bergbaugewerkschaft IG BCE: »Wir können die Potash-Offerte nicht positiv bewerten«, so der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis. Dies gelte insbesondere für die Zukunft der deutschen Standorte.
K+S-Chef Steiner hat derweil Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in mehreren Gesprächen um Hilfe gebeten. Dabei soll auch der Einstieg der staatlichen KfW-Bank im Gespräch gewesen sein. Inzwischen äußerten sich mehrere führende Politiker von Union und SPD skeptisch zu einem Eingreifen der Regierung. Anders könnte es beim Bundeskartellamt aussehen - vor zwei Jahrzehnten hatten die Wettbewerbshüter schon mal eine Offerte von Potash abgelehnt, um zu verhindern, dass die Zahl der global dominierenden Unternehmen weiter schrumpfe.
K+S investiert seinerseits schon seit 2010 in eine neue Mine in der Heimat von Potash. Mitten in der Prärie von Saskatchewan will man von Ende 2016 an Millionen Tonnen Kalisalze tief aus der Erde herausspülen. Auch der deutsche Konzern möchte nämlich wachsen. Eine Fußnote ist da nur, dass eine Mine des Kasseler Konzerns in den 1970er Jahren in Kanada fast enteignet worden wäre. Dem konnte K+S nur entgehen, weil man einen niedrigen Verkaufspreis akzeptierte. Käufer war die Provinz Saskatchewan - heute gehört die Mine Potash.
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