Neue Asylunterkunft in Karlshorst
600 Bürger kommen zu Informationsversammlung über Heim in altem Telekomgebäude
Der Zeitplan ist straff. Angeblich hatte das Lichtenberger Bezirksamt erst kurz vor dem vergangenen Wochenende erfahren, dass in Karlshorst eine neue Notunterkunft für Flüchtlinge entstehen soll. Am vergangenen Mittwochabend fand eine Bürgerversammlung statt, am kommenden Freitag sollen die ersten Geflüchteten einziehen. Das Gebäude ist ein Bürokomplex der Telekom, in einem Gewerbegebiet, am Rand einer Kleingartensiedlung. Bis auf Weiteres sollen 300 Menschen in den Plattenbau einziehen, langfristig soll das Gebäude zu einer dauerhaften Gemeinschaftsunterkunft umgebaut werden. Laut Dirk Gerstle (CDU), Berlins Staatssekretär für Soziales, ist ein Vertrag über zehn Jahre geplant.
Zu der Bürgerversammlung am Mittwochabend kamen mehrere hundert Anwohner, die Paul-Gerhardt-Kirche – der größte Raum in der Umgebung – war bis auf den letzten Platz belegt. Die Meinungen der Karlshorster gehen auseinander. Viele rufen ihre Nachbarn dazu auf, die Flüchtlinge willkommen zu heißen, Fahrräder und Spielzeug zu spenden und sie im Kiez zu integrieren. Aber ein nicht weniger großer Teil der Anwohner ist skeptisch. Darunter viele praktische Fragen aber auch Vorurteile und die üblichen »Ich hab ja nichts gegen Flüchtlinge, aber…«-Kommentare. Einige Bürger fürchten, dass sie beim Arzt keine Termine mehr bekommen, weil die Praxen nicht ausreichen, um auch noch Flüchtlinge zu versorgen. Andere sorgen sich um fehlende Kindergartenplätze, wenn die von den Kindern der Asylbewerber besetzt werden. Viele solcher Ängste kann der stellvertretende Bezirksbürgermeister Andreas Prüfer (LINKE) nicht entkräften. »Wie wir die Kinder beschulen sollen, wissen wir noch nicht«, sagt er.
Aber nicht alle haben Angst, dass ihnen die Flüchtlinge etwas wegnehmen. »Ich möchte, dass die Kinder ordentlich begleitet werden, wenn sie zu uns kommen«, sagt die stellvertretende Leiterin einer Grundschule. »Erfahrungen zeigen, dass sich Bezirk oder Senat nicht darum kümmern, dass sie Schulmaterialien und Sportzeug bekommen.«
Ein anderer sorgt sich um die Anbindung der Flüchtlinge. »In dem Gebiet, wo die wohnen, gibt es nichts, keine Einkaufmöglichkeiten, keine Freizeitangebote, das ist völlige Peripherie.« Staatssekretär Gerstle streitet ab, dass man die Flüchtlinge absichtlich in die Randgebiete abschieben wolle. In der Innenstadt gebe es kaum geeignete Objekte. Auch auf die Kritik, dass man erneut eine Immobilie aus Privatbesitz anmiete, entgegnet Gerstle, es gebe keine passenden Objekte in öffentlicher Hand.
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