Schottisch stirbt aus
Wissenschaftler behaupten, Fernseh- und Radiosprechern wird der Akzent ausgetrieben
Sean Connery hat ihn, Ewan McGregor auch und James McAvoy ebenfalls - doch der schottische Akzent stirbt aus. Das sagen zumindest Linguistikexperten der Universitäten Glasgow und der Queen Margaret University Edinburgh. Das rollende »R« könnte in den kommenden Jahrzehnten also langsam entschwinden - und mit ihm der Charme des ganz besonderen nordbritischen Akzents.
Bislang konnte man die meisten Schotten - wie auch Waliser und Nordiren - am ausgeprägten Akzent erkennen, der sich so gar nicht dem eleganten Englisch der Engländer unterordnen wollte. Schottisch klingt so ein bisschen wie der Stereotyp, den sich Ausländer von den Highlandern zusammenbasteln: bodenständig und ein bisschen hart. Es gibt Menschen, die sagen, es erinnere sie an Menschen, die mit deutschem Akzent versuchen würden, Englisch zu sprechen. Aber natürlich sind nicht alle Schotten Highlander. Entsprechend unterschiedlich klingt ihr Akzent.
Die Wissenschaftler fanden nun heraus, dass einige Sprachmerkmale bei den meist jungen schottischen Testpersonen schon jetzt nicht mehr richtig zu hören sind. »Was wir festgestellt haben, ist, dass Menschen, die Schottisch sprechen, schon jetzt das R etwas zurücknehmen - sie sprechen es immer noch aus. Man kann es nur nicht mehr richtig hören«, sagt etwa Eleanor Lawson, Soziolinguistin an der Queen Margaret University. Einige Schotten hätten den Akzent sogar ganz abgelegt.
Schuld daran sollen die Medien sein. Denn den Fernseh- und Radiosprechern würde meist der Akzent durch Schulungen und Sprachübungen ausgetrieben. »99 Prozent dessen, was man im schottischen Radio und Fernsehen hört, sind englische und amerikanische Akzente«, erklärt Michael Hance, Direktor des Schottischen Sprachzentrums, den englischen Medien. Mit wenigen Ausnahmen. Die Moderatorin des Fernsehsenders ITV, Lorraine Kelly, darf ihren Akzent behalten. Ihr Akzent wurde in einer Umfrage 2014 sogar zum »freundlichsten« gewählt.
Anders als Sächsisch oder Schwäbisch, das im Restdeutschland meist als weniger attraktiv angesehen wird, wird Schottisch von den Restbriten nämlich eher als angenehm empfunden. In einer Umfrage wurde der nordbritische Zungenschlag mit 15 Prozent sogar zum zweitsexiesten im Vereinigten Königreich gewählt. Nur die Nordiren gelten mit 17 Prozent als noch attraktiver - was allerdings auch mit Künstlern wie Liam Neeson und »Fifty Shades of Grey«-Darsteller Jamie Dornan zu tun haben könnte, die sich nicht nur bei weiblichen Bewunderern großer Beliebtheit erfreuen.
Doch einige Schotten fühlen sich bei allen Sympathiebekundungen trotzdem als Außenseiter. Laut einer Umfrage fühlen sich 29 Prozent der Männer und Frauen mit dem rollenden »R« in sozialen Situationen unwohl, weil sie sich aufgrund des Akzents diskriminiert fühlen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.