Huthi-Milizen auf dem Rückzug
Von Saudi-Arabien geführte Allianz in Jemen profitiert auch von Iran-Abkommen
Krieg und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), »das war für uns hier immer ein Widerspruch wie Feuer und Wasser«, sagt der 43-jährige Salim Hamad. Doch vor zwei Wochen kam der Krieg in Form eines Anrufs zu seiner Familie: Er werde nach Jemen verlegt, teilte ihm sein 18 Jahre alter Sohn mit. Der leistet seit März seinen Wehrdienst ab, eine Pflicht, die das Land erst vor einem Jahr eingeführt hatte. Um den Staat gegen Angriffe von außen zu verteidigen, hatte die Regierung damals beruhigend mitgeteilt.
Doch nun werden nach Angaben saudischer Medien 1500 Soldaten aus den VAE, darunter gerade ausgebildete Rekruten, in einem Krieg eingesetzt, der extrem unübersichtlich ist. Ausgerüstet mit französischem, russischem und US-Gerät kämpfen die jungen Männer gemeinsam mit saudischen Soldaten in der Hafenstadt Aden.
Die befindet sich nun zum größten Teil wieder unter der Kontrolle jener Milizen, die auf Seiten des nach Saudi-Arabien geflohenen Präsidenten Abd Rabbo Mansur Hadi stehen. Im Süden hat die internationale Militärallianz gleichzeitig ihre Luftangriffe gegen Stellungen der Huthi-Milizen verstärkt. Die schiitischen Milizen befinden sich deshalb auf dem Rückzug; in Sana'a bereiten sie sich auf eine lange Belagerung vor: In der vergangenen Woche seien große Mengen an Lebensmitteln, Gas und Benzin in die Stadt gebracht worden, berichten Anwohner übereinstimmend - Güter, die aus jenen Gegenden abgezogen wurden, aus denen sich die Huthis kurz darauf zurückzogen.
Sowohl Hilfsorganisationen als auch die UNO warnen nun eindringlich vor einer Hungersnot; es sei nahezu unmöglich Hilfsgüter ins Land zu bringen und zu verteilen. Denn die Militärallianz unter Führung Saudi-Arabiens hat eine Seeblockade verhängt; der Flughafen von Sana'a ist zerstört. Und die Landung in Aden, wo der Flughafen von Allianztruppen kontrolliert wird, ist extrem gefährlich; es droht Beschuss durch Boden-Luft-Raketen.
In Interviews erklärte Hadi in den vergangenen Tagen, die ihm treuen Truppen würden bald wieder das gesamte Land kontrollieren. Doch wie er die verschiedenen gesellschaftlichen und Stammesgruppen, einbinden will, können auch seine Sprecher nicht erklären: Die Huthi-Milizen fordern, dass die Schiiten stärker in die politischen Prozesse eingebunden werden. Doch genau dies will das Hadi-Lager dieser Bevölkerungsgruppe auch künftig nicht zugestehen: »Jemen braucht eine starke Zentralregierung«, sagt ein Sprecher Hadis.
Doch für den Rückzug der Huthis ist nicht allein die Ausweitung der internationalen Militäreinsätze verantwortlich: Seit dem Atomabkommen mit Iran ist die dortige Regierung in der Jemen-Frage zurückhaltender geworden. Eine ursprünglich geplante demonstrative Hilfslieferung per Schiff wurde gestoppt; öffentliche Äußerungen von Politikern zur Situation in Jemen sind selten geworden. Gleichzeitig sagen Quellen, die den Huthi-Milizen nahe stehen, der Nachschub an Geld und Waffen sei versiegt. Offiziell bestreiten sowohl die Huthis als auch Iran, dass Teheran die Milizen unterstützt.
Die Rekruten aus den VAE sind derweil nicht etwa vor Ort, weil sich das Land am Golf von der dort bedroht sieht. Sie seien die einzigen, die das schwere Gerät aus dem Ausland bedienen könnten, erklärte das dortige Verteidigungsministerium.
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