Auf den Geldsäcken eingeschlafen
Autohersteller bewegen sich im Schneckentempo in Richtung Umweltfreundlichkeit
Autofahren ist nicht die ökologischste Fortbewegungsart, da sind sich Umweltexperten und wohl auch die meisten Fahrer einig. Weil viele Pendler aber kaum täglich 100 Kilometer radeln können und auch der Familienurlaub oft nur umständlich mit Bus und Bahn zu bewerkstelligen wäre, sollte man bei der Wahl des Autos zumindest auf Umweltkriterien achten. Seit 1989 veröffentlicht der ökologisch orientierte Verkehrsclub Deutschland (VCD) jedes Jahr eine Liste mit den umweltverträglichsten Autotypen - nicht nur als Entscheidungshilfe für Käufer, sondern auch als Denkanstoß für Hersteller und Politik, wie VCD-Verkehrsexperte Gerd Lottsiepen am Mittwoch in Berlin betonte.
Zwar könnten Verbraucher durch Kaufentscheidungen die Entwicklung ökologischer Techniken beschleunigen, die Politik müsse aber - etwa durch strenge Schadstoff-Grenzwerte und schlupflochfreie Testverfahren - gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen. Zudem müssten gerade die deutschen Hersteller, die immer noch auf das verbrauchsintensive Premiumsegment setzten, umdenken, so Lottsiepen. In der letzten Zeit seien kaum echte Revolutionen auf dem Automarkt zu verzeichnen, stattdessen viel »Facelifting«. Bereits vor 15 Jahren gab es Drei-Liter-Autos mit einem CO2-Ausstoß von 81 Gramm pro Kilometer. Heute stoße der Peugeot 208 Active BlueHDi 100 Stop&Start (Platz 2 auf der VCD-Liste) immer noch 79 Gramm CO2 aus. Die Gefahr sei groß, dass die Hersteller »auf den Geldsäcken einschliefen, die sie angehäuft hätten«, kritisierte Lottsiepen.
Welche Technologie in Sachen Umweltfreundlichkeit die Nase vorn hat, ist unklar, das zeigen die vorderen Plätze der Liste: Auf dem Siegertreppchen findet sich mit dem Lexus CT 200h ein Hybridfahrzeug, dessen Zusatz-Elektromotor den Verbrennungsmotor unterstützt und Sprit sparen hilft. Das Fahrzeug des japanischen Toyota-Konzerns verteidigte seine Spitzenposition von 2014. Platz zwei belegt der dieselgetriebene Peugeot 208. Dahinter finden sich mit den baugleichen Seat Mii 1.0 Ecofuel Start&Stop, Skoda Citigo Active 1.0 G-Tec und VW eco up! drei Fahrzeuge mit Erdgasantrieb. Für Elektroautos hat der VCD eine gesonderte Liste erstellt, sie seien wegen verschiedener Rahmenbedingungen nicht mit Benzinern oder Dieselautos zu vergleichen.
In die Bewertung gingen neben der Klimabelastung durch ausgestoßenes CO2 auch die Lautstärke des Fahrzeugs und die Belastung von Mensch und Natur durch weitere Schadstoffe wie Feinstaub und Stickstoffdioxid ein. Durchschnittlich stoßen die Fahrzeuge der Top Ten 82 Gramm CO2 pro Kilometer aus. Der ab 2020 geltende EU-weit geltende Flottengrenzwert von 95 Gramm CO2 werde bereits von 71 Fahrzeugen unterschritten, so Lottsiepen, und sei damit viel zu unambitioniert.
Der VCD fordert eine Emissionsgrenze zwischen 65 und 68 Gramm CO2 pro Kilometer ab 2025. Auch drängt der Verband auf Verbrauchsmessungen unter realen Verkehrsbedingungen, um Herstellerschummelei einen Riegel vorzuschieben. Zudem müsse die Politik die Energiewende vorantreiben, so Lottsiepen. Sie sei die Voraussetzung für einen Durchbruch bei Elektro- und Brennstoffzellenautos.
Erstmalig gab der Verband konkrete Kaufempfehlungen für verschiedene Fahrtypen. Familien, Großstadtsingles, Pendler, Taxifahrer oder Ältere hätten verschiedene Ansprüche an Autos. So lohnten sich die hohen Anschaffungskosten eines Elektroautos nur für Vielfahrer, Alleinlebende in der Stadt kämen oft mit Carsharing aus.
Die Gesamtliste gibt’s für 3,35 Euro (für VCD-Mitglieder kostenlos) hier.
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