Jamel: Ermittler finden Brandbeschleuniger

Polizei bestätigt vorsätzliche Brandstiftung durch Unbekannte an der Scheune des Künstlerehepaars Lohmeyer / Verein Lobbi: Leichte Zunahme rechter Gewalt in MV

  • Lesedauer: 3 Min.
Nach dem Brand einer Scheune auf dem Grundstück des Ehepaars Lohmeyer - bekannt als Nazi-Gegner - wird gegen unbekannt ermittelt. Das Internationale Auschwitz Komitee fordert, der Generalbundesanwalt solle die Ermittlungen übernehmen.

Update 14.14 Uhr: Rechte Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern nimmt zu
Der Beratungsverein Lobbi hat im ersten Halbjahr eine leichte Zunahme rechter Gewalt im Nordosten beobachtet. Wurden in den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres 45 Angriffe registriert, seien es in diesem Jahr bis Ende Juni 47 gewesen, teilte der Verein am Freitag in Rostock mit. 74 Menschen seien betroffen gewesen. Besorgniserregend sei vor allem die Zunahme rassistischer Attacken, etwa gegen Flüchtlinge. Der Anteil stieg den Angaben zufolge von einem Drittel auf fast zwei Drittel aller von Lobbi registrierten Fälle.

Bei einem Großteil der Angriffe handle es sich um Körperverletzungen, versuchte Körperverletzungen, Nötigungen und Bedrohungen. Von den 47 Fällen seien 35 polizeibekannt. In den anderen zwölf Fällen hätten die Betroffenen bisher von einer Anzeige abgesehen beziehungsweise sei den Lobbi-Beratern nicht sicher bekannt, ob Anzeige erstattet wurde. Regionale Schwerpunkte sind den Angaben zufolge die Landkreise Rostock, Vorpommern-Greifswald und Nordwestmecklenburg.

Lobbi wies auf eine Vielzahl von Vorfällen hin, die unterhalb der Gewaltschwelle liegen und somit nicht in der Statistik auftauchen. »Gemeint ist damit eine Art Vorfeld rechter Gewalt, wie Anfeindungen, Pöbeleien und Einschüchterungsversuche«, hieß es. Beispiele seien Diskriminierungen gegenüber dunkelhäutigen Menschen, denen in den Diskotheken der Einlass verwehrt werde oder die auf der Straße angepöbelt würden. Auch würden Menschen eingeschüchtert, die Flüchtlinge unterstützen oder sich anderweitig politisch engagieren und somit in den Fokus von Neonazis geraten.

Jamel: Ermittler finden Brandbeschleuniger

Nach dem Feuer auf dem Hof des als Nazi-Gegner bekannten Künstlerpaares Birgit und Horst Lohmeyer in Jamel bei Wismar haben die Ermittler in den Resten der niedergebrannten Scheune Spuren von Brandbeschleuniger gefunden. Damit stehe fest, dass das Feuer vorsätzlich gelegt wurde, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Schwerin, Stefan Urbanek, am Freitag. Wer dafür verantwortlich zu machen ist, sei noch unklar. »Wir ermitteln immer noch gegen unbekannt.«

In der Nacht zum Donnerstag war die Scheune, die unmittelbar neben dem Wohnhaus der Lohmeyers steht, abgebrannt. Feriengäste, die zu dem Zeitpunkt Sternschnuppen beobachten wollten, hatten nach Angaben des Paars eine Person gesehen, die zügig das Grundstück verließ.

Allgemein wird von einem rechtsradikalen Hintergrund der Tat ausgegangen. Das Dörfchen Jamel wird von einer Gruppe Neonazis dominiert, die sich dort angesiedelt hat. Die Lohmeyers wurden in den vergangenen Jahren wiederholt von ihnen schikaniert. Urbanek zufolge wurden alle Nachbarn inzwischen zur Brandnacht befragt. Zum Inhalt ihrer Aussagen wollte er sich nicht äußern. Sie würden jetzt ausgewertet.

Das Internationale Auschwitz Komitee forderte am Freitag, der Generalbundesanwalt möge die Ermittlungen an sich ziehen. »Was in Jamel geschieht, hat für Deutschland und für die Strategie der Rechtsextremen exemplarische Bedeutung«, sagte der Exekutiv-Vizepräsident des Komitees, Christoph Heubner. In Jamel sei von Nazis durch Hass und Terror ein rechtsfreier Raum geschaffen worden, der in der rechtsextremen Szene in Deutschland und Europa als leuchtendes Beispiel bejubelt werde. dpa/nd

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