Landhaus, Schloss und auch mal Berufsschule
Vor 20 Jahren begannen am Templiner See die Restaurierungsarbeiten am Schloss Caputh
Man nimmt es kaum wahr im Schatten der nahebei gelegenen prächtigen Anlagen von Potsdam-Sanssouci - doch Schloss Caputh steckt voller preußischer Geschichte. Und auch die Historie des Bauwerks selbst steckt voller Brüche - erst Jagdschloss, dann Landhaus, schließlich Sommerresidenz. Mehrfach verschenkt, vererbt, verpachtet und schließlich von der Krone verkauft, wurde es im Zuge der Bodenreform enteignet. Von 1947 bis 1987 diente das Schloss als Internat und Berufsschule für Fotografen und Blumenbinder. Die danach einsetzende Verwahrlosung wurde erst nach dem Ende der DDR gestoppt. Die Wiederauferstehung im alten Glanz ließ sich die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten von 1995 und 1999 neun Millionen D-Mark kosten.
Der Ort Caputh, malerisch gelegen zwischen Schwielow- und Templiner See, gehört heute zur Großgemeinde Schwielowsee (Potsdam-Mittelmark). Vor mehr als 700 Jahren als Fischerdorf entstanden, lebten seine Bewohner später von der Wald- und Feldarbeit sowie in den Ziegeleien der Region. Heute ist der Ort bei Ausflüglern, Wassersportlern, Künstlern und Kunstliebhabern beliebt. Das liegt an der malerischen Natur, der Fähre nach Geltow, den Kneipen, Ateliers und Werkstätten, an Museen wie dem Einsteinhaus, an der Kirche. Nicht zuletzt aber liegt es am Schloss am Templiner See mit seinem Park und dem Kavaliershaus.
Schloss Caputh entstand 1608 als Jagdschloss, wurde aber erst als Sommersitz der Kurfürstin Dorothea bekannt. Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der Große Kurfürst, hatte den Besitz Caputh 1671 seiner zweiten Gemahlin »auf Lebenszeit« geschenkt. Unter ihrer Anleitung wurde aus dem bescheidenen Landhaus, das zuvor der kurfürstliche Generalquartiermeister Philipp de Chieze bewohnt hatte, erst ein fürstliches Anwesen. Im Innern entstanden neben dem Festsaal kleine, luxuriös ausgestattete Kabinette. Nach dem Tod Dorotheas avancierte Caputh zum bevorzugten Aufenthaltsort des Kurfürsten Friedrich III. Der sorgte im Juni 1709, inzwischen als Preußenkönig Friedrich I. bekannt, dafür, dass ein Hauch von Weltgeschichte durch Caputh wehte, als er hier seine »Amtskollegen« August den Starken von Sachsen und Friedrich IV. von Dänemark, zu einem pompösen Gartenfest empfing. Dort wurde damals auch eine Allianz gegen den Schwedenkönig geschmiedet, die allerdings später kaum von Bedeutung war. Ein Gemälde im Porzellankabinett erinnert an jenes »Dreikönigstreffen«.
Ab 1713 gehörte das Schloss Friedrich Wilhelm I., der es als Jagdsitz nutzte und seinen Sommerspeisesaal im Souterrain mit etwa 7500 blau-weißen holländischen Fayencefliesen auskleiden ließ. Einen ähnlichen Raum gibt es weltweit nur noch im Schloss Oranienbaum in Sachsen-Anhalt. Der berühmte Fliesensaal, dem sich zwei einst der Dienerschaft vorbehaltene Kavalierzimmer anschließen, liegt im Erdgeschoss, das man heute vom Ehrenhof aus betritt. Wer über das farbenprächtige Treppenhaus ins obere Stockwerk gelandet, findet hier unter allegorischen, in goldenen Stuckaturen gerahmten Deckengemälden Kunst und Geschichte aus der Zeit um 1700 - Möbel, Gläser, Porzellane, Gemälde und Plastiken zeugen noch von der Pracht der einstigen Ausstattung. Kostbare fernöstliche Vasen und Fayencen schmücken das Porzellankabinett, Dorotheas »Allerheiligstes«.
Schloss und Hof bilden heute die romantische Kulisse für Sinfoniekonzerte und Kammermusikabende. Gleich hinter dem Schloss im gepflegten Lenné-Park stößt man auf das ebenfalls restaurierte Kavalierhaus. Einst als Gewächshaus errichtet und später zum Gästequartier umgebaut, ist es heute bei Ausflüglern wie Kunstliebhabern beliebtes Lokal.
Schloss Caputh, Straße der Einheit 2, 14548 Caputh, www.spsg.de Veranstaltungen: 20.9.2015, 13 bis 18 Uhr, Kurfürstin und Kräuterfrau - Gartenfest zu Ehren der Kurfürstin Katharina 24.10.2015, 13 bis 20 Uhr, Langer Samstag der Museen 21.11., 19 Uhr, Saison-Abschlusskonzert mit mitteldeutscher Barockmusik im Festsaal Ausstellung: 13.9. bis 1.11.2015 - Gezähmte Wildnis - Kultur- und Naturräume der südlichen Havelregion
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.