»Die Provinz hat mehr Keller«
Wladimir Kaminer über Zentren und Peripherien, Europas Vielfalt und Russland als wütende Ziege im Wald
Der seit 1990 in Berlin lebende Schriftsteller und DJ Wladimir Kaminer ist eine Art russischer Seismograph deutscher Befindlichkeiten. In der Reportage-Reihe »Kulturlandschaften« reist er nun montags ab 19.30 Uhr auf 3sat übers Land – und entdeckt darin Dinge, die Eingeborenen vielleicht verborgen blieben. Vor dem Sendestart traf Jan Freitag ihn zum Gespräch.
Herr Kaminer, Sie wenden sich in »Kulturlandschaften« dauernd an eine imaginäre Olga. Wer ist das - eine Brieffreundin?
Olga ist weder imaginär noch eine Brieffreundin, sondern meine Frau, die da drüben steht (zeigt zur Tür).
Die Frau im bunten Kleid?
Nein, die im schwarzen; Olga ist wie ich nicht so ein bunter Typ. Ich rede mehrmals am Tag mit ihr, selbst wenn ich weit weg bin. Weil wir beim Drehen also sowieso ständig kommuniziert haben, kam der Produktion die Idee, dass ich meine Gedanken auch im Film in einer Art vorgelesenen Briefen an sie weiterreiche. Zuerst war ich misstrauisch, aber das Lesen symbolisiert wunderbar die Distanz, die auch ich gegenüber dem habe, worüber ich hier berichte.
Distanz zu dem Land, das Sie seit einem halben Leben bewohnen?
Wir leben in einer Völkerwanderung, gegen die die vor 2000 Jahren purer Stillstand war. Jeder sucht nach einem besseren Ort zum Leben, Lieben, Arbeiten; dadurch sind wi...
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