Rekordfrau

Personalie: Vasiliki Thanou ist Regierungschefin Griechenlands – vorübergehend.

  • Anke Stefan, Athen
  • Lesedauer: 2 Min.

Vasiliki Thanou hat gleich zwei Rekorde aufzuweisen. Sie war die erste Frau an der Spitze der Standesvertretung der griechischen Richter und Staatsanwälte und steht nun auch als erste Frau einer griechischen Regierung vor - wenn auch nur vorübergehend.

Für die Juristerei hatte sich die verheiratete Mutter dreier Kinder nach eigenen Angaben bereits zu Schulzeiten begeistert. Einem Studium der Rechtswissenschaften in Athen und Paris folgte eine steile Karriere. 2014 schließlich wurde Thanou zur Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs und am 1. Juli dieses Jahres zu dessen Vorsitzender ernannt.

Als sie 1975 die Prüfung zur Richterin geschafft hatte, habe es »nur ganz wenige Richterinnen« gegeben, »denen überall Misstrauen entgegenschlug«, wird die Übergangsregierungschefin zitiert. Daher freue es sie besonders, dass der Richterberuf heute zu 65 Prozent von Frauen ausgeübt werde. Der Einsatz für Frauenrechte gehört zu den Steckenpferden von Thanou, die in einer Rede anlässlich der Würdigung von Frauen im Kampf um Demokratie, Gerechtigkeit und Würde im griechischen Parlament erst im März darauf hingewiesen hatte, dass »Fähigkeiten, Talent und Genie Eigenschaften sind, die Gott und Natur nicht ausschließlich dem männlichen Geschlecht verliehen haben«.

Als zweites Lieblingsthema könnte man ihren Einsatz für die Verteidigung der individuellen und die Arbeitsverhältnisse betreffenden Rechte der griechischen Bevölkerung bezeichnen. Als Richterin (seit 2008) am Obersten Gerichtshof hatte sie mehrfach Verfassungsverstöße festgestellt. »Es ist nicht richterliche Pflicht, die Regierungspolitik zu unterstützen, sondern Gerechtigkeit walten zu lassen«, hielt Thanou ihren Kritikern entgegen. Per Brief forderte sie im Februar jedoch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf, an einer Lösung der griechischen Krise »ohne Austeritätsmaßnahmen« zu arbeiten. Dabei lagen Thanou wohl auch die Interessen des eigenen Standes am Herzen, die sie zuletzt an der Spitze der Vertretung der Richter und Staatsanwälte verteidigte.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.