Die Mütter aller Nerds
Paderborner Ausstellung würdigt Computerpionierinnen
Sie führte ein kurzes, bewegtes Leben zwischen Leidenschaft, Wissensdurst und dem Kampf gegen Konventionen: Ada Lovelace (1815-1852). Zu Lebzeiten kaum gewürdigt, gilt sie heute als Pionierin der Computertechnik. Mit nur 18 Jahren schrieb die Tochter des bekannten Dichters Lord Byron das weltweit erste Programm für eine informationsverarbeitende Maschine. Aus Anlass ihres 200. Geburtstags widmet das Paderborner Heinz-Nixdorf MuseumsForum unter dem Titel »Am Anfang war Ada. Frauen in der Computergeschichte« ab Mittwoch dem Wirken von Ada Lovelace und weiterer Computerpionierinnen eine Ausstellung.
Unter Informatikern gibt es kaum jemanden, der Ada Lovelace nicht kennt, denn die erste standardisierte Programmiersprache wurde in den 1970er Jahren nach ihr benannt. Doch dem allgemeinen Publikum seien die Beiträge von Frauen zur Computertechnik kaum bewusst, sagt Museums-Geschäftsführer Kurt Beiersdörfer.
Für ihn und das Kuratorenteam sei es daher wichtig gewesen, neben den Biografien von Ada Lovelace und ihren Nachfolgerinnen Grace Hopper, Mary Allen Wilkes, Adele Goldberg, Christiane Floyd oder Nadia Magnenat-Thalmann die jeweiligen gesellschaftlichen Hintergründe zu beleuchten und ihre Erfindungen zu vermitteln. »Wir hoffen, dass die Menschen nach dem Museumsbesuch sagen: Einfach toll, was diese Frauen geleistet haben«, sagt Beiersdörfer.
Auf 700 Quadratmetern erwarten die Besucher eine spannende Zeitreise, anschauliche Inszenierungen und zahlreiche Multimedia-Stationen zum Mitmachen. Was zwischen biederen rosafarbenen Tapeten der viktorianischen Epoche und der eleganten Salonkultur des 19. Jahrhunderts beginnt, führt wie durch einen Zeittunnel in das dunkle Kriegsszenario der Entschlüsselungs-Expertinnen des englischen Bletchley Park oder der Rechnerinnen für das V2-Programm in Peenemünde.
Weiter geht es in hellere Welten zu den ersten zunächst raumgreifenden und kühlschrankgroßen Personal-Heimcomputern bis hin zu den vielschichtigen Möglichkeiten, die grafische Benutzeroberflächen und computergesteuerte virtuelle Menschen heute bieten. Dabei macht »Nadine«, eine menschenähnliche Roboterdame, eine gute Figur. Entwickelt von der Wissenschaftlerin Nadia Magnenat-Thalmann, spricht »Nadine«, die ihrer Schöpferin verblüffend ähnlich sieht, mit den Besuchern und folgt deren Bewegungen.
Die Schau zeigt, wie Ada Lovelace in schwierigen familiären Verhältnissen unter dem strengen Diktat der naturwissenschaftlich gebildeten Mutter aufwuchs. Seit früher Kindheit stets begeistert für Mechanik und Maschinen, verfolgte Lovelace in Zusammenarbeit mit dem Mathematiker und Erfinder Charles Babbage (1791-1871) die Idee eines universellen Computers - weit über die Funktion als bloße Rechenmaschine - weiter.
Für die nie gebaute »Analytical Engine« von Babbage verfasste die junge Frau das erste Computerprogramm und verwendete dabei noch heute gültige Prinzipien der Programmierung wie Verzweigungen, Variablen und Schleifen - und das 100 Jahre vor den ersten Computern. In jenen Zeiten, in denen Frauen heiraten und sich um Kindererziehung, Haushalt und Handarbeit kümmern sollten, passte Ada Lovelace nicht in die konventionelle Londoner Gesellschaft. Ihr blieb der persönliche Ruhm zu Lebzeiten vorenthalten, wie vielen anderen Wissenschaftlerinnen auch.
Die Paderborner Schau richtet den Fokus auch auf die »rechnenden Frauen« in der Nachwelt, die schließlich die Computer an die Massen bringen wollten. Immer wieder mussten Forscherinnen dem herrschenden Frauenbild den Kampf ansagen, wollten sie in ihrem Metier tatsächlich erfolgreich sein. Für den digitalen Fortschritt der jüngsten Zeit stehen Leben und Wirken von Christiane Floyd, der ersten Informatik-Professorin in Deutschland, oder Nadia Magnenat-Thalmann, die in den 1980er Jahren den computeranimierten Film »virtuelle Menschen« in Gestalt von Marilyn Monroe und Humphrey Bogart entwickelte. epd/nd
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