Vier zentrale Anlaufstellen für Flüchtlinge geplant

Union und SPD: Nur noch Sachleistungen, mehr »sichere« Herkunftsstaaten und sechs Milliarden / Kritik an Aufstockung der Flüchtlingshilfen hält an / Ramelow will den Soli für Flüchtlinge einsetzen

  • Lesedauer: 17 Min.

Update 19.35 Uhr: Merkel berät sich mit Schwedens Regierungschef
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) empfängt am Dienstag in Berlin den schwedischen Regierungschef Stefan Löfven. Im Mittelpunkt des Gesprächs soll die europäische Flüchtlingspolitik stehen. In der EU wird derzeit erbittert über die Verteilung der zehntausenden ankommenden Menschen gestritten. Schweden verzeichnete im Jahr 2014 gemessen an der Einwohnerzahl mit Abstand die meisten Asylanträge in der EU - und kämpft inzwischen mit wachsender Zustimmung für Rechtsextreme. Merkel setzt sich in der EU dafür ein, dass auch andere Länder mehr Flüchtlinge aufnehmen.

Update 17.50 Uhr: Flüchtlingsdrehkreuz am Flughafen Leipzig/Halle geplant
Am Flughafen Leipzig/Halle soll ein weiteres Drehkreuz für die erste Versorgung ankommender Flüchtlinge in Deutschland eingerichtet werden. Das sagte ein Sprecher des sächsischen Innenministeriums am Montag in Dresden. Es gehe darum, etwa 4000 bis 5000 Flüchtlinge aus München aufzunehmen und von Leipzig aus in die Erstaufnahmeeinrichtungen der ostdeutschen Bundesländer zu leiten. Am Wochenende waren an die 20 000 Flüchtlinge in München angekommen.

Zwei weitere Drehkreuze sollen in Westdeutschland und Norddeutschland entstehen, so dass es am Ende neben München und Leipzig vier zentrale Anlaufstellen geben werde, sagte der Regierungspräsident von Oberbayern, Christoph Hillenbrand, am Montag in München. Die Züge und Omnibusse mit Flüchtlingen würden dann direkt dorthin geleitet.

Update 17.20 Uhr: Neues Großzelt für Flüchtlinge in Dresdner Innenstadt
In der Dresdner Innenstadt sollen erneut Flüchtlinge in Zelten untergebracht werden. Wie die Landesdirektion Sachsen am Montag mitteilte, solle voraussichtlich ab Dienstag damit begonnen werden, Asylbewerber vorübergehend in einem Großzeltin der Nähe des Dresdner Hauptbahnhofes unterzubringen. Maximal könnten dort 200 Asylbewerber Zuflucht finden.

Betreut wird das Zelt vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). Dieses hatte auch eine erste Zeltstadt in der Dresdner Innenstadt aufgebaut. Dabei war es Ende Juli zu Krawallen gegen die Einrichtung gekommen. Teilweise wurden auch DRK-Mitarbeiter von rechten Demonstranten angegriffen.

Begründet wurde das neue Zelt damit, dass die Kapazitäten in der sächsischen Erstaufnahmeeinrichtung inzwischen komplett ausgelastet seien. In den kommenden Tagen werde mit mehreren hundert neuen Asylbewerbern täglich gerechnet.

In den ersten sieben Monaten dieses Jahres hat Sachsen den Angaben zufolge über 14.500 Asylbewerber neu aufgenommen. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 4.900. Allein in diesem Juli kamen laut Landesdirektion mehr als 4.000 neue Asylbewerber nach Sachsen.

Update 17.00 Uhr: Flüchtlinge in Erfurt erwartet
Im Laufe des heutigen Abends (genaue Uhrzeit noch nicht bekannt) werden weitere Flüchtlinge in Erfurt eintreffen. Sachspenden (Hygieneartikel (Duschcreme, Shampoo, Windeln, Damenhygieneartikel), Kinderspielzeug, Decken, Steckdosenverteiler, Tragetüten, warme Kleidung, Socken, Schuhe) werden im Thüringer Landtag, Jürgen-Fuchs-Straße 1 im Raum 201 entgegengenommen. Ab 16:00 Uhr kann das DRK beim Aufbau der Betten in der Messe Erfurt Unterstützung benötigen.

Update 15.55 Uhr: De Maizière (CDU) will Leistungen für abgelehnte Asylbewerber »erheblich« kürzen
Nach den Koalitionsbeschlüssen zur Flüchtlingspolitik hat sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) dafür ausgesprochen, die Sozialleistungen für abgelehnte Asylbewerber »erheblich« zu reduzieren. »Es kann nicht sein, dass diejenigen, die unser Land verlassen müssen, die gleiche Höhe der Sozialleistungen bekommen wie diejenigen, die noch im Asylverfahren sind«, sagte de Maizière am Montag in Berlin.

De Maizière will außerdem die Asylbewerberleistungen für Flüchtlinge kürzen, für die im Falle einer EU-weiten Verteilung ein anderer Staat zuständig ist. Wenn jemand in ein anders europäisches Land verteilt worden ist und trotzdem nach Deutschland möchte, werde er hierzulande keine Sozialleistungen bekommen, sagte de Maizière.

Update 15.10 Uhr: Jeder vierte Berliner gegen Ausländer eingestellt
Die überwiegende Mehrheit der Berliner mit deutschem Pass hat eine positive Einstellung gegenüber Ausländern. Allerdings ist jeder Vierte der Meinung, es gebe zu viele Ausländer in Berlin und die Deutschen müssten ihre Kultur mehr verteidigen. Das ergab eine repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Info, die am Montag vorgestellt wurde.

Die negative Einstellung gegenüber Ausländern ist bei Menschen ohne Abitur ausgeprägter. Nur 21 Prozent der Befragten mit der ablehnenden Haltung haben Abitur. Ein großer Teil (41 Prozent) ist älter als 60 Jahre. Zudem ist die Ablehnung in den östlichen Bezirken ausgeprägter als in West-Berlin.

Update 14.30 Uhr: Sozialverband kritisiert Großteil der Koalitionsbeschlüsse
Der Sozialverband Der Paritätische hat die Koalitionsbeschlüsse zur Flüchtlingspolitik in weiten Teilen kritisiert. Zwar sei die Bereitstellung von sechs Milliarden Euro für 2016 zu begrüßen, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider in Berlin. Die Bundesregierung stelle aber das Dublin-System nicht infrage, demzufolge für Flüchtlinge das zuerst erreichte EU-Land zuständig ist, und sie sorge auch nicht für sichere Fluchtwege.

»Stattdessen wird mit Maßnahmen wie der Umstellung von Bargeld auf Sachleistungen, schnelleren Abschiebungen und Restriktionen bei der Duldung offensichtlich auf Härte und Abschreckung gesetzt.« Dies sei ein »falsches Signal an die Zigtausenden von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die sich für die hier ankommenden Flüchtlinge engagieren«. Auch die geplante Einstufung weiterer Balkanländer als sichere Herkunftsstaaten kritisierte Schneider.

Update 14.00 Uhr: SPD-Vize Stegner: »CSU ist ein Angsthasen-Club«
SPD-Vorsitzende Ralf Stegner geht mit der jüngsten Haltung der CSU in der Flüchtlingsfrage hart ins Gericht. »Die CSU ist ein Angsthasen-Club, der Vorbehalte gegen schutzbedürftige Menschen schürt«, sagte Stegner am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Die CSU hatte am Wochenende die Nothilfe-Entscheidung der Bundesregierung kritisiert, Tausenden Ungarn-Flüchtlingen die Einreise zu erlauben. »CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hat seine Partei bis auf die Knochen blamiert.« Die Bürger in München, die großartig und warmherzig auf die Flüchtlinge zugegangen seien, hätten trotz absoluter Mehrheit der Christsozialen im Freistaat gezeigt: »Bayern ist nicht die CSU«, meinte Stegner.

Verständnis für die Haltung der CSU kommt von CDU-Vize Julia Klöckner. »Man muss jetzt mal die besondere Lage von Bayern sehen«, sagte die rheinland-pfälzische Oppositionschefin am Montag in Mainz. Das Land und die Bevölkerung hätten viel geleistet bei der Aufnahme der Flüchtlinge aus Ungarn. CSU-Chef Horst Seehofer hatte zuvor gewarnt, Deutschland könne in Europa nicht fast alle Flüchtlinge aufnehmen. Klöckner sprach von einer »menschlichen Entscheidung«, die Asylbewerber in Deutschland aufzunehmen. »Was es aber sicherlich so nicht immer wieder und zu jedem Wochenende geben wird und geben kann.«

Die rheinland-pfälzische CDU-Fraktionsvorsitzende forderte die Landesregierung auf, die geplanten Bundesmittel schnell an Kommunen weiterzugeben.

Update 13.30 Uhr: Angebot des Bundes zur Flüchtlingshilfe nicht hoch genug
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat die von der großen Koalition beschlossene Aufstockung der Flüchtlingshilfen für Länder und Kommunen als zu niedrig kritisiert. Die beschlossene Anhebung um drei Milliarden Euro sei bei weitem nicht ausreichend, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz am Montag in Potsdam. Mit der Summe ließe sich maximal ein Viertel der Kosten von Ländern und Kommunen für Unterbringung und Erstversorgung der Flüchtlinge decken. Ein Beitrag des Bundes, der unter 50 Prozent dieser Kosten liege, sei »eigentlich nicht akzeptabel«, ergänzte der Ministerpräsident.

Woidke fügte an, die Beschlüsse wiesen insgesamt in die richtige Richtung. Er nehme sie als Verhandlungsgrundlage. Lobend äußerte er sich über das Vorhaben der Koalition, mehr für die Integration von Asylbewerbern tun zu wollen. »An dieser Frage wird sich entscheiden, ob diese Herausforderung dem Land mittelfristig als Chance dienen kann und diese Chance auch genutzt wird, oder nicht«, sagte Woidke. Die angestrebte Verstärkung der Bundespolizei um 2.000 zusätzliche Stellen wird dagegen nach Meinung Woidkes frühestens in drei Jahren Früchte tragen, da die Beamten erst ausgebildet werden müssten.

Die EU-Mitgliedsstaaten forderte Woidke eindringlich zu mehr Solidarität auf. Es gebe in der Flüchtlingsfrage derzeit kein funktionierendes europäisches System mehr. Wenn es in der EU um Geld gehe, wolle immer jeder Staat den größten Teil, kritisierte Woidke. Gehe es dagegen um humanitäre Hilfe, verweigerten derzeit 24 Ländern ihren Anteil an der Last. Das könne er nicht nachvollziehen, sagte der Ministerpräsident.

Update 13.20 Uhr: Sonderzüge der Deutschen Bahn für Flüchtlinge
Auch die Bahn will einen Beitrag zu der aktuellen Flüchtlingskrise leisten. Mit mehr als 100 Sonderzügen hat die Deutsche Bahn bereits über 22 000 Flüchtlinge über die Grenze gebracht.

»Für uns ist es selbstverständlich, dass die DB mit allen Kräften unterstützt, um diesen in existentielle Not geratenen Menschen zu helfen«, sagte DB-Chef Rüdiger Grube. »Planer und Disponenten in den Betriebszentralen und ICE-Werken haben mit Hochdruck daran gearbeitet, zusätzliche Züge zusammenzustellen und in den Fahrplan aufzunehmen. Ich danke allen Mitarbeitern und den vielen freiwilligen Helfern auf den Bahnhöfen überall in Deutschland«, so Grube weiter. »Bei der Bahn arbeiten schon heute Mitarbeiter aus weit über 100 Nationen miteinander, das ist gelebte Integration.«

Auch weiterhin plant die die Deutsche Bahn Züge, Gebäude und Personal bereitzustellen um an und auf den Gleisen Hilfe zu leisten.

Update 13.15 Uhr: »Bücher sagen Willkommen«
Angesichts der vielen Flüchtlinge will auch die Buchbranche aktiv werden und Flüchtlinge mit Weiterbildung in Deutschland unterstützen.

Unter dem Motto »Bücher sagen Willkommen« erhalten Flüchtlinge einen einfachen und schnellen Zugang zu Lern- und Lesematerial. Den Kern bildet die Einrichtung von »Lese- und Lernecken« in der unmittelbaren Umgebung von Flüchtlingsunterkünften durch die LitCam. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels unterstützt die Aktion mit einem Spendenaufruf, die Frankfurter Buchmesse bietet kostenlose Eintrittskarten und Veranstaltungen für Flüchtlinge auf der Messe an.

Update 12.20 Uhr: Grüne: Göring-Eckardt kritisiert Koalitionsbeschlüsse
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat die Beschlüsse des Koalitionsgipfels zur Flüchtlingshilfe als unzureichend kritisiert. Diese seien »nur eine halbe Antwort auf die Frage, wie wir dauerhaft mit einer hohen Zahl von Flüchtlingen umgehen werden«, sagte sie am Montag den Zeitungen der Funke Mediengruppe. »Das Chaos der deutschen Flüchtlingspolitik wird nicht durch Taschengeldkürzungen und längeren Verbleib in der Erstaufnahme gelöst.«

Update 11.20 Uhr: Pro Asyl kritisiert Koalitionsbeschlüsse zu Flüchtlingen - »Regierung schaltet von Aufnahme auf Abwehr um«
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hat die Beschlüsse der Koalition zur Flüchtlingskrise kritisiert. »Die Regierung schaltet mit diesen Beschlüssen von Aufnahme auf Abwehr von Flüchtlingen um«, sagte der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt, am Montag »Zeit Online«. Das werde all jene bestärken, die flüchtlingsfeindlich eingestellt seien.

Burkhardt kritisierte die geplante Einordnung weiterer Balkanstaaten als sichere Herkunftsländer. Die Balkanstaaten seien nach wie vor keine sicheren Herkunftsländer. In Albanien werde noch immer Blutrache geübt. In Balkanstaaten würden Minderheiten wie Homosexuelle oder Roma diskriminiert, kritisierte der Pro-Asyl-Geschäftsführer. Es fehle in den Ländern außerdem an rechtsstaatlichen Strukturen. Zudem sprach sich Burkhardt gegen eine Umwandlung von Geld- in Sachleistungen an Asylbewerber aus. »Sachleistungen sind nicht geeignet, Flüchtlinge im Sinne des Grundgesetzes menschenwürdig zu versorgen«, sagte er.

Update 10.30 Uhr: Linke sieht in Koalitionsbeschlüssen Licht und Schatten
Der Vizevorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, sieht in den Koalitionsbeschlüssen zur Flüchtlingspolitik positive Elemente. Im »SWR2-Tagesgespräch« lobte er am Montag vor allem, dass die Kommunen entlastet, die Stellen bei der Bundespolizei aufgestockt und Arbeitskontingente für Flüchtlinge vom Balkan geschaffen werden sollten.

Grundsätzlich richtig sei auch, dass sich Union und SPD um die Bekämpfung der Fluchtursachen kümmern wollten. Dabei fehle ihm aber eine klare Zusage, die Ausgaben für Entwicklungspolitik auf 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung anzuheben, bemängelte Bartsch. »Es gibt auch problematische Dinge. Also wenn dieses Thema der sicheren Herkunftsländer so nach oben gestellt wird, so geht das in die falsche Richtung.«

Außerdem sei ein klares Wort an die Adresse Washingtons zu richten. Die Interventionspolitik der USA im Irak und in Libyen habe die aktuelle Flüchtlingskatastrophe maßgeblich mit ausgelöst. Deshalb müssten die Amerikaner auch finanziell für die Folgen mit einstehen.

Linkspartei-Chef Bernd Riexinger äußerte sich kritisch zu den Koalitionsbeschlüssen. Er schrieb am Montag im Kurznachrichtendienst Twitter: »Mehr Sachleistungen, mehr sichere Herkunftsländer, mehr Abschiebungen = mehr CSU in der GroKo. Willkommen geht anders.«

Update 10.30 Uhr: Städtebund begrüßt Beschlüsse der Koalition zur Flüchtlingspolitik
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat sich zufrieden über die Beschlüsse der Koalition zur Flüchtlingspolitik geäußert. Kommunen und Ländern drei Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen sei ein wichtiger Schritt, sagte der Geschäftsführer des kommunalen Spitzenverbands, Gerd Landsberg, am Montag in Berlin. Die Leistungen müssten aber den Flüchtlingszahlen angepasst werden. Bei einem Spitzentreffen im Kanzleramt hatten sich Union und SPD angesichts der Flüchtlingssituation in der Nacht zu Montag auf eine Reihe von Maßnahmen geeinigt. Unter anderem soll der Bund 2016 zusätzliche sechs Milliarden Euro einplanen. Die Hälfte davon soll an Länder und Kommunen gehen.

Landsberg begrüßte zudem die Einigung darauf, die Standards beim Bau von Unterkünften zu reduzieren, um Flüchtlingen schnell Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Auch der Beschluss, Kosovo, Montenegro und Albanien in den Kreis sicherer Herkunftsländer aufzunehmen, erhielt Zustimmung.

Die Absicht, 150.000 Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen von Bund und Ländern zu schaffen, müsse jetzt schnell umgesetzt werden, forderte Landsberg. »Es wäre eine deutliche Entlastung, wenn Personen ohne Bleibeperspektive in diesen Einrichtungen bleiben, nicht auf die Kommunen verteilt werden, sondern von dort ausreisen müssen oder abgeschoben werden«, sagte er. Durch eine Ausweitung der Kapazitäten in Erstaufnahmeeinrichtungen und der maximalen Aufenthaltsdauer von drei auf sechs Monate erhofft sich der Bund eine Beschleunigung von Asylverfahren.

Update 10.10 Uhr: Dreyer fordert vorgezogenen Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) fordert nach dem Koalitionstreffen zur Unterbringung von Flüchtlingen eine schnelle Umsetzung der Beschlüsse. »Den Worten müssen jetzt auch schnell Taten folgen«, sagte Dreyer am Montag dem Sender NDR Info. Sie wertete die Ergebnisse positiv. »Das A & O sind schnellere Verfahren und auch eine bessere finanzielle Unterstützung von Ländern und Kommunen.« Sie schlug vor, den Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern, der für den 24. September geplant ist, vorzuziehen. »Schön wäre es auch, wenn wir uns schneller treffen könnten, nachdem jetzt ein umfassendes Maßnahmenpaket vorliegt.« Dreyer sagte, dann solle auch über eine Gesundheitskarte für Flüchtlinge beraten werden.

Update 10.00 Uhr: Bis zu 10 000 neue Flüchtlinge erwartet
Die Regierung von Oberbayern rechnet für diesen Montag mit bis zu 10 000 neuen Flüchtlingen. Allein am Vormittag und Mittag seien drei Sonderzüge aus Österreich mit 2100 Menschen geplant, sagte Regierungspräsident Christoph Hillenbrand am Montagmorgen auf dem Münchner Hauptbahnhof. Er hoffe, dass einige Züge an München vorbei direkt in andere Bundesländer geleitet werden. »Wir sind hier sehr am Anschlag.« Nötig seien auch bessere, grenzüberschreitende Informationen. Etwa zwei Drittel der in den vergangenen Tagen angekommenen Flüchtlinge seien bisher in Bayern untergebracht, sagte Hillenbrand.

Am Montag sind rund 1000 aus Ungarn kommende Flüchtlinge sind in Brandenburg eingetroffen. Ein Sonderzug kam am Montagmorgen kurz nach 8.00 Uhr planmäßig in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) an. Er war am Sonntagabend in München gestartet. Nach der medizinischen Erstversorgung vor dem Bahnhof sollte die Mehrheit der Flüchtlinge in die Erstaufnahmestelle in Eisenhüttenstadt kommen. Einige Hundert Menschen sollen nach Berlin weiterreisen. Das Deutsche Rote Kreuz sammelte auf dem Vorplatz Familien, die mit Bussen in die Hauptstadt gebracht werden sollten. Zum Zeitplan gab es noch keine Angaben. Viele der Flüchtlinge, die in Eisenhüttenstadt aus dem ICE stiegen, kommen aus Syrien. Viele waren übermüdet von den tagelangen Strapazen. Einige hüllten sich in Decken ein. Eltern trugen ihre Kinder auf dem Arm. Anders als in anderen Städten gab keine Bürgeraktionen am Bahnhof. Nur vereinzelt beobachteten Einwohner das Geschehen.

Update 09.26 Uhr: Ramelow will den Soli für Flüchtlinge einsetzen
Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) hat gefordert, den Solidaritätszuschlag in Zukunft für die Unterstützung von Flüchtlingen zu verwenden. »Es wäre besser, wenn der Soli, der zum Aufbau der neuen Länder derzeit nur noch zur Hälfte genutzt wird, zu einem Integrations-Soli umgebaut werden würde«, sagte Ramelow am Montag im Deutschlandfunk. »Dann hätten alle Bundesländer und Kommunen mehr davon und es wäre für die Bevölkerung transparenter und ehrlicher.«

Zur Ankunft mehrerer Tausend Flüchtlinge in Deutschland am Wochenende sagte Ramelow: »Wir werden uns jetzt in allen Bundesländern darauf einstellen, die Unterbringung zu stemmen und wir schaffen das.« Am Sonntag empfing Ramelow Flüchtlinge, die mit einem Zug von München nach Saalfeld gebracht wurden. »Es waren Hunderte von ehrenamtlichen Helfern da, die sofort Spenden zusammengetragen haben.« Die Hilfe habe reibungslos geklappt.

»Wenn ich gleichzeitig höre, dass hinterhältige, feige Menschen in Häuser gehen finde ich bedenklich und darüber müssen wir auch in dieser Gesellschaft nachdenken.« Diese Anschläge seien als geistiger Terror ähnlich wie das, vor dem die Menschen flüchteten. »Das sind Brandanschläge auf die Grundwerte unserer Gesellschaft.«

Update 09.20 Uhr: Trotz Zuwanderung wächst die Bevölkerung nur in den Stadtstaaten
Trotz Zuwanderung wird die Bevölkerung in Deutschland bis 2060 nur in den Stadtstaaten leicht wachsen. In den ostdeutschen Bundesländern sinkt sie dagegen stark, in den alten Ländern steigt sie zunächst ganz leicht, geht dann aber auch deutlich zurück. Zu diesen Ergebnissen kommt eine am Montag in Wiesbaden veröffentlichte Bevölkerungsberechnung des Statistischen Bundesamtes.

Lebten 2013 in den neuen Ländern noch 12,5 Millionen Menschen, so werden es demnach 2060 nur noch etwa 9 Millionen sein. Besonders stark geht dabei die Zahl der Einwohner im erwerbsfähigen Alter zurück. In den alten Bundesländern waren 2013 mehr als 62 Millionen Menschen zu Hause, 2060 werden es - je nach Zuwanderung - nur noch rund 53 bis 57 Millionen sein. Die Stadtstaaten legen dagegen voraussichtlich leicht zu: von 5,8 Millionen (2013) Menschen auf 5,9 bis 6,4 Millionen.

Nur noch Sachleistungen, mehr »sichere« Herkunftsstaaten

Berlin. Die Bundesregierung will im nächsten Jahr sechs Milliarden Euro mehr für die Unterbringung von Flüchtlingen ausgeben. Drei Milliarden davon sollen Länder und Kommunen erhalten. Vor allem aber setzt die Große Koalition auf Maßnahmen, die das Leben der Flüchtlinge erschweren oder deren Ausweisung im Falle der Ablehnung beschleunigen sollen.

Die Koalition stimmte unter anderem dem Vorschlag von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zu, in den Erstaufnahmeeinrichtungen wieder soweit wie möglich Sachleistungen statt Bargeld auszugeben. Die Sozialleistungen für ausreisepflichtige Ausländer ohne Duldung sollen reduziert werden. Ein Maßnahmenkatalog enthält unter anderem Pläne zur Beschleunigung der Asylverfahren. So sollen in den kommenden drei Jahren 3.000 Stellen zur Unterstützung bei der Bundespolizei geschaffen werden. Die Aufenthaltsdauer in Erstaufnahmeeinrichtungen soll von drei auf sechs Monate verlängert werden. Analog will die Koalition auch die Geltung der sogenannten Residenzpflicht, die den Bewegungsradius von Flüchtlingen eingrenzt, wieder auf ein halbes Jahr heraufsetzen.

Dies zielt vor allem auf Asylsuchende aus den Balkanstaaten, deren Antrag auf Asyl in der Regel nicht genehmigt wird. Um Asylverfahren für diese Gruppe von Flüchtlingen weiter zu beschleunigen einigte sich die Koalition auch darauf, Kosovo, Albanien und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Einem entsprechenden Gesetz müssen die Länder zustimmen. Für den 24. September ist ein Treffen zwischen den Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geplant. Bis dahin, so heißt es in den Eckpunkten, soll auch ein Einvernehmen über die Verwendung der aufgestockten Mittel erzielt werden.

Nach dem grünen Licht der Bundesregierung sind am Wochenende mindestens 14.000 Flüchtlinge über Ungarn und Österreich nach Deutschland gekommen. München habe bei der Unterbringung der Neuankömmlinge nunmehr seine »Kapazitätsgrenzen« erreicht. Um die Stadt, die zum »Drehkreuz« für ganz Deutschland geworden sei, zu entlasten, sei inzwischen ein Zug direkt nach Braunschweig und ein zweiter nach Stuttgart weitergeleitet worden.

Die Flüchtlinge aus Ungarn werden nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt. Der Schlüssel berücksichtigt Steuereinnahmen und Bevölkerungszahl der Länder, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg müssen demnach die meisten Flüchtlinge aufnehmen.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, appellierte an die Bürger, Flüchtlinge bei sich aufzunehmen. Papst Franziskus rief alle katholischen Gemeinden in Europa auf, eine betroffene Familie aufzunehmen.

Unterdessen werden auch die Forderungen nach einer einheitlichen EU-Strategie im Umgang mit der Krise lauter. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann verlangte am Sonntag einen EU-Krisengipfel, nachdem sich die EU-Außenminister am Wochenende in Luxemburg nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen konnten. Agenturen/nd

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