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Folge 87: RADIKAL (Adjektiv)

Lexikon der Bewegungssprache

  • Lesedauer: 2 Min.

»Radikal sind nur wir«, lautet die Devise vieler Linker. Entsprechend wird der Begriff »linksradikal« häufig als Selbstbezeichnung verwendet, während »rechtsradikal« für die Gegenseite als unpassend abgelehnt wird. In »radikal« steckt das lateinische Wort »radix« für Wurzel oder Ursprung. Und Wurzelbehandlungen gibt es nicht nur beim Zahnarzt, sondern auch in der Gesellschaft - aber eben nur von links. »Radikal sein ist die Sache an der Wurzel fassen. Die Wurzel für den Menschen ist aber der Mensch selbst«, sagte schon Karl Marx. Häufiger verwendet wurde der Begriff allerdings erst für Kriegsgegner und Kommunisten vor rund 100 Jahren. Kritik und politisches Handeln, das an die Wurzel geht, beanspruchen Linksradikale bis heute für sich.

»Die Zähne zeigt, wer das Maul aufmacht - lebt und lest radikal«, hieß es Ende der 80er Jahre. Die »radikal«, auch liebevoll »radi« genannt, war eine Zeitung aus dem autonomen Spektrum mit legendären Bastelanleitungen für den Militanzbedarf. Wegen keiner anderen Zeitung der Bundesrepublik wurde so häufig nach Paragraf 129a ermittelt und wurden gefühlt alle (ehemals) besetzten Häuser durchsucht.

Beliebter als radikales Handeln und nicht ganz so gefährlich ist radikale Kritik. Hierbei ist radikal nicht zu verwechseln mit verbalradikal. Formelhafte Drohungen, alles Erdenkliche »stürzen«, »versenken« oder »smashen« zu wollen, gehen nicht an die Wurzel. rst

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