Idealbesetzung: Hellen Mirren
Als Bundeskanzlerin in »Die Eisläuferin« vervollständigt Iris Berben die Liste echter und falscher Fernsehstaatslenker
In der unterhaltsamen ARD-Komödie »Die Eisläuferin«, die an diesem Mittwochabend in der ARD zu sehen ist, wähnt sich eine Bundeskanzlerin namens Katharina Wendt dank einer Amnesie plötzlich wieder im Wendejahr 1989. Das führt zu allerlei privaten, vor allem aber politischen Verwicklungen mit ihrem Mann Helmuth (Ulrich Noethen), dem allzu ehrgeizigen Kanzleramtschef (Thomas Thieme) oder einer Art modernem Rasputin (Sascha Alexander Geršak), der eigens die Zeitreisende mit merkwürdigen Methoden zurück in die Gegenwart therapieren will.
In der Rolle als Bundeskanzlerin landet Iris Berben auf der langen Liste jener Schauspieler, die bundesdeutschen Regierungschefs bereits ihr Gesicht geliehen haben. In diesem Fall ist es ein vergleichsweise fiktives - auch wenn es der aktuellen Amtsinhaberin vermerkelt ähnlich sieht.
Um Ähnlichkeiten, wenn auch nicht immer politische, ging es auch in den anderen Kanzlerfilmen, die für das Fernsehen in den vergangenen Jahrzehnten produziert wurden. Ein kleines Glossar echter und falscher Fernsehstaatslenker, das seltsame Häufungen und ein paar Leerstellen aufweist.
Konrad Adenauer
Häufigkeit: Mittel, aber mit eigenem Dokudrama Profil: Väterliche Trümmerfrau mit Kölsche Schnüss
Rüstzeug: Nur für Faltengebirge mit Kriegsversehrtenaura geeignet
Prototyp: Jochen Bißmeier im Kuschelporträt »Stunden der Entscheidung« Sonstige: Otto Mellies als Sidekick von Franz-Josef Strauss in »Die Spiegel-Affäre«
Idealbesetzung: Leider alle schon von uns gegangen (Rudolf Platte,
Josef Meinrad)
Ludwig Erhard, Kurt Georg Kiesinger
Häufigkeit: Null. Selbst in
Paukerfilmen
Profil: Füllkanzler zwischen NSDAP und SPD
Rüstzeug: Wohlstandsdickes
Zigarrengesicht (Erhard) bzw. kruppstahlhartes Ohrfeigengesicht (Kiesinger)
Prototyp: Vornehmlich im Original
Sonstige: siehe »Häufigkeit«
Idealbesetzung: Winston Churchill (Erhard), Roger Köppel (Kiesinger)
Willy Brandt
Häufigkeit: Erstaunlich niedrig
Profil: Antipolitiker mit Herz am linken Fleck (also nichts für Sat.1/ZDF)
Rüstzeug: Mit Zigarettenkippen
gurgeln
Prototyp: Michael Mendl 2003 neben Brandt-Sohn Matthias (als Günter Guillaume)
Sonstige: Peter Striebeck (der später auch Helmut Schmidt spielte) im Bühnenstück »Demokratie«
Idealbesetzung: Matthias Brandt
Helmut Schmidt
Häufigkeit: Nur von Hitler
übertroffen.
Profil: Schon als Innensenator filmtaugliches Alphatier
Rüstzeug: Stolperfrei übern sspitzen Sstein sstolpern, hustenfrei rauchen können
Prototyp: Christian Berkel durfte - mit Haarteil - zweimal ran
Sonstige: Manfred Zapatka
(»Todesspiel«), Ulrich Tukur (»Nacht der großen Flut«)
Idealbesetzung: Schmidt selbst in »Neustart mit 100!«
Helmut Kohl
Häufigkeit: Unübersehbar,
leicht überschaubar
Profil: Buddhistische Beharrlichkeit, machiavellistisches Machtempfinden
Rüstzeug: Sitzfleisch, Tonnage
Prototyp: Thomas Thieme als
tadelloser »Mann aus der Pfalz« (alt)
Sonstige: Stephan Grossmann
als tadelloser »Mann aus der Pfalz« (jung)
Idealbesetzung: Insel Helgoland oder das Kanzleramt
Gerhard Schröder
Häufigkeit: Bislang nur als Parodie
Profil: Vom Bolzplatz zur Macht
mit gleichen Mitteln
Rüstzeug: Beine breit, Brust raus,
Brioni
Prototyp: Klaus J. Behrendt beim
Politkumpeln im ZDF-Flop
»Kanzleramt«
Sonstige: Heiner Lauterbach
beim Weltretten auf RTL (»Helden«)
Idealbesetzung: George Clooney
(von Gerhard Schröder angefragt)
Angela Merkel
Häufigkeit: Ausbaufähig
Profil: Lebende Legende mit
Satire-Potenzial
Rüstzeug: Hosenanzug,
Topfhaarschnitt, Merkel-Herz
Prototyp: Katharina Thalbach als Angela Murkel im Sat.1-Ulk »Der Minister«
Sonstige: Veronika Ferres als Merkel mit Sex, Spaß, Muskeln
(»Die Staatsaffäre«)
Idealbesetzung: Helen Mirren,
mindestens
Echte und falsche Fernsehstaatslenker: Josef Meinrad, Winston Churchill, Roger Köppel, Peter Striebeck, Manfred Zapatka, Thomas Thieme, George Clonney, Helen Mirren (von links oben nach rechts unten) Fotos: imago (5), dpa (3)
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.