Als die Scheiterhaufen brannten
In Schleswig wurden zwischen 1548 und 1551 fast 40 »Hexen« hingerichtet - nun erinnert eine Ausstellung daran
Schleswig. Längst gibt es auch gute Hexen - etwa Bibi Blocksberg aus der bekannten Hörspielserie oder die »kleine Hexe« von Otfried Preußler. Solche Figuren sind auch eine Wiedergutmachung - hatte die Hexe doch lange eine ganz andere Rolle gespielt. Gar nicht harmlos ist in diesem Sinne etwa das Märchen der Gebrüder Grimm von Hänsel und Gretel: Es strotzt vor Stigmata und Klischees über die böse, hässliche Hexe, die am Ende denn auch brennen muss.
Im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit, schwerpunktmäßig im 16. und 17. Jahrhundert, entsprach solchen Geschichten in den heute deutschen Landen eine grausame Realität: Landauf, landab brannten die Scheiterhaufen, vielerorts gab es regelrechte Exzesse, die sich über Jahre hinziehen konnten. So auch hoch im Norden: Allein in der Stadt Schleswig, hat jetzt ein lokaler Arbeitskreis recherchiert, wurden zwischen 1548 bis 1551 mindestens 38 Frauen als Hexen verurteilt und verbrannt. Unter dem Titel »Das ausgedachte Verbrechen« erinnert nun erstmals eine Ausstellung an diese Zeiten. Noch bis zum 25. September ist sie im Gebäude des dortigen Oberverwaltungsgerichts zu sehen.
Das örtliche Stadtarchiv und andere Quellen gaben dem Arbeitskreis interessante Einblicke in die damalige Stimmungslage. Frauen, die sich mit Dingen beschäftigten, die man heute »esoterisch« nennen würde, waren Prozessen, Folterungen und Strafen bis hin zur Hinrichtung oder Verbrennung ausgesetzt. Böse Gerüchte und Vorurteile waren es meist, die diese Frauen mit besonderen Kenntnissen in der Kräuterkunde, mit einer Neigung zu seelsorgerisch-psychischem und heilpädagogischem Handeln und vielleicht noch außergewöhnlicher Medikation in die Nähe des Dämons rückten.
Oft spielte die Kirche die treibende Rolle - und ein einst sakrales Gebäude fungierte als Folterknast. Eine Schenkung durch König Friedrich d. I bescherte der Stadt 1528 die alte St. Pauls Kirche als neues Rathaus. Darin lagen die Haftzellen und Folterräume. Immer wieder wurden die Delinquentinnen dort mit dem Vorwurf konfrontiert, des Teufels Lehre zu verbreiten. Faire Prozesse, überhaupt Verfahren im heutigen Sinn, gab es nicht - zuweilen kam es auch gleich zu Selbst- oder Lynchjustiz.
Die Exponate, meist Textauszüge und Bilder, sollen auch mahnen. Sie sollen zeigen, wie Ausgrenzung und Hetze funktionieren - nicht ohne Bezug zu heute.
Mit einem Gottesdienst und einer Erklärung haben Kirche und Stadt im Herbst des Vorjahres die damaligen Geschehnisse bedauert. Auch andere Städte im Land Schleswig-Holstein haben sich in jüngerer Zeit mit der Zeit der Hexenjagden befasst. In Bad Oldesloe etwa tragen inzwischen Straßen die Namen von ehemals verbrannten Hexen.
Zumindest die Schleswiger Gleichstellungsbeauftragte Karin Petersen-Nißen kann sich für ihre Stadt etwas Ähnliches vorstellen.
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