In Kuba gedeiht die Agrarökologie

Der Mangel an staatlichen Vorlieferungen macht ökologische Bauernhöfe zur willkommenen Alternative

  • Ivet González, La Palma
  • Lesedauer: 3 Min.
Die agrarökonomische Bewegung in Kuba wächst. Aber nicht so schnell, wie gewünscht. Auch weil ein übergeordnetes System fehlt, das die Kräfte bündelt.

Armando Marcelino Pi ist ein viel beschäftigter Mann. Wenn er nicht gerade Philosophie an der Universität lehrt, bewirtschaftet er mit seiner Familie die gemeinsame Farm »La Carmelina« im ländlichen Gemeindebezirk La Palma im Westen Kubas. Oder aber er koordiniert eine Gruppe aus 33 lokalen Biobauern.

»Es wäre gut, wenn wir Gelegenheit hätten, vorhandene agrarwissenschaftliche Kenntnisse und Techniken direkt anzuwenden. Wir müssen unbedingt auf die Ergebnisse der Forschungszentren zurückgreifen können«, erklärt Pi. Auf »La Carmelina« wird Obst, Gemüse und Honig produziert. Außerdem betreiben er und weitere Mitglieder seiner Familie, insgesamt 13 Personen, eine Schweine- und eine Geflügelzucht. Auf dem insgesamt sieben Hektar großen Hof gehe es »ökologisch sauber« zu, wie der Bauer berichtet. Vom Dünger bis zum Viehfutter sei alles natürlich. So werden die Schweine mit einer Mischung aus Palmfrüchten, Maisgries und Zuckerrohrmehl gefüttert.

Der Betrieb wirft genug ab, um die insgesamt vier Familien zu ernähren. Dem Philosophieprofessor zufolge sind die Erträge zwar nicht gewaltig, dafür sei man weitgehend autark. 90 Prozent der Felder kommen ganz ohne staatliche Inputs aus, die aufgrund der Wirtschaftskrise ohnehin rar sind.

»Bisher haben sich erst wenige unserer agrarökonomischen Bewegung angeschlossen«, bedauert Pi. Das hat seiner Meinung nach damit zu tun, dass es an dem notwendigen Know-how und technischer Hilfe fehle und viele Bauern Veränderungen scheuten. Außerdem könne man an den biologisch produzierten Nahrungsmitteln nicht viel verdienen.

In dem Bestreben, einen Beitrag zur sozioökonomischen Entwicklung ihrer Kommunen zu leisten, gehen Wissenschaftler und Biobauern wie Pi derzeit in 45 der 168 kubanischen Gemeindebezirke innovative Wege.

»Wir bemühen uns derzeit um den Aufbau multisektoraler Gemeindegruppen, die in einem ›Innovativen System für lokale Agrarökologie‹ (SIAL) aufgehen sollen«, berichtet Iván Paneque, Koordinator des ›Innovativen Programms für lokale Agroökologie‹ (PIAL) der westkubanischen Provinz Pinar del Río, in der auch La Palma liegt. Beworben wird die Initiative in einer Broschüre als »partizipatorische Entwicklungsmaßnahme«.

Aus dem Heft geht ferner hervor, dass SIAL die Arbeit der PIALs weiter ausdehne, die seit 15 Jahren ländlichen Familien zeigen, wie sie ihr Saatgut weiterentwickeln und wiederverwenden können. Auch zielt das Programm darauf ab, Frauen und junge Leute für die Landwirtschaft zu gewinnen - ein seit Langem überfälliger Vorstoß.

Die PIALs fördern zudem die Vernetzung der Bauern und helfen ihnen bei der Vermarktung und beim Verkauf ihrer Produkte. Gleichzeitig sollen Klimaschutz- und Klimaanpassungsmöglichkeiten der Landwirte verbessert werden.

Das vom staatlichen Nationalen Institut für Agrarwissenschaften koordinierte und mit internationalen Entwicklungsgeldern geförderte Projekt hat 50 000 Menschen in 45 Gemeindebezirken in zehn Provinzen das Leben erleichtert. Bis 2017 sollen 30 weitere Kommunen hinzukommen.

Ziel der SIAL-Plattform ist es, Menschen Alternativen aufzuzeigen, wie sie mit begrenzten Ressourcen mehr produzieren können. Nach Ansicht der Anhänger der agrarökologischen Landwirtschaft ist es an der Zeit, stärker von den Möglichkeiten der Dezentralisierung der Landwirtschaft und der Stärkung der Lokalregierungen Gebrauch zu machen. Letztere hatten sich an der Ausarbeitung der seit 2008 von der Regierung von Präsident Raúl Castro vorangetriebenen Wirtschaftsreformen beteiligt.

Paneque zufolge gibt es viele Projekte und Menschen, die an einer Erneuerung der lokalen Landwirtschaft mitarbeiten. Was fehle, sei ein übergeordnetes System. »Es genügt nicht, die Kooperativen zu erreichen. Wir müssen die Gemeinderegierungen und die lokalen Agrarbüros (die lokalen Vertreter des Landwirtschaftsministeriums) einbeziehen. Wir müssen zusammenarbeiten und unsere Kräfte und Ressourcen bündeln«, betont er. IPS/nd

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