CSU will mehr Zäune und Asylrecht für Wenige
Ungarischer Rechtsaußen Orban in Bayern zu Besuch / Hofreiter wirft CSU »Rechtspopulismus« vor / CSU-Politiker umarmen Orban - CSU-Minister kritisiert osteuropäische Staaten
Update 16.20 Uhr: Orban spricht vom »moralischen Imperialismus« der Bundesregierung
Ungarns umstrittener Regierungschef Viktor Orban hat der Bundesregierung einen »moralischen Imperialismus« in der Flüchtlingskrise vorgeworfen. Orban spielte mit seiner Kritik auf das Vorgehen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an. »Ganz egal wie Deutschland sich entscheidet, das soll nur für sie gelten«, sagte Orban am Mittwoch bei einer CSU-Klausur in Kloster Banz zum Streit um Flüchtlingsquoten in der EU. »Die Ungarn wollen das nicht.«
Orban versicherte gleichzeitig, er verehre Merkel und wolle sich nicht in die deutsche Innenpolitik einmischen. Ungarn wolle sich nicht ändern - und man möge Ungarn nicht dazu zwingen. Zugleich sagte Orban, er habe Mitgefühl gegenüber Flüchtlingen, die betrogen worden seien - von Schleppern, aber auch von Politikern, die das Gefühl erweckt hätten, sie seien willkommen und alle dürften kommen. Merkels Namen nannte er dabei nicht. Er betonte aber: »Ungarn hat niemanden betrogen.«
Der ungarische Regierungschef sprach sich nach Gesprächen mit CSU-Chef Horst Seehofer erneut für eine strikte Abschottung der Europäischen Union gegenüber Flüchtlingen aus. Seehofer wiederum bekräftigte im Beisein Orbans seine Kritik an der Entscheidung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Flüchtlinge ungehindert nach Deutschland einreisen zu lassen. Nun gehe es darum, diese »chaotischen Verhältnisse« wieder zu beenden. Orban, zu dem die CSU seit langem enge Beziehungen pflegt, war Gast auf der Herbstklausur der CSU-Landtagsfraktion.
Update 14.50 Uhr: Orban fordert schärfere Grenzkontrollen
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat angekündigt, dem EU-Gipfel zur Flüchtlingskrise am Mittwochabend in Brüssel einen Sechs-Punkte-Plan vorzulegen. Dieser sieht einen von der Europäischen Union finanzierten Fonds über drei Milliarden Euro zur Bewältigung der Flüchtlingskrise und verstärkte Grenzkontrollen bereits an den EU-Außengrenzen vor, wie Orban am Mittwoch nach einem Besuch der CSU-Landtagsfraktion im fränkischen Kloster Banz sagte.
Zu den Vorschlägen gehört auch, Griechenland dazu zu bewegen, den eigenen Grenzschutz anderen Ländern zu überlassen. Sein Land sei bereit, sich daran zu beteiligen, sagte Orban. Außerdem forderte er, bereits außerhalb des Schengen-Raumes Bürgerkriegsflüchtlinge und Wirtschaftsflüchtlinge voneinander zu trennen.
Orban zeigte sich zuversichtlich zu den Erfolgsaussichten des EU-Sondergipfels zur Flüchtlingskrise: »Ich habe das Gefühl, dass heute Entscheidungen getroffen werden.«
Der Besuch Orbans bei der CSU war wegen der Flüchtlingspolitik des ungarischen Regierungschefs äußerst umstritten. CSU-Chef Horst Seehofer sagte nach den Gesprächen, »ich bin froh, dass wir Viktor Orban eingeladen haben.« Es sei eine Pflicht, miteinander zu reden. Ungarn und Orban seien »unverzichtbar«.
Update 13.45 Uhr: Korte kritisiert Schulterschluss der CSU mit »europäischen Rechtsradikalen«
Der LINKEN-Politiker Jan Korte greift den »demonstrative Schulterschluss« der CSU mit dem ungarischen Präsidenten Victor Orbán scharf an: »Die CSU fühlt sich offenbar im Kreise europäischer Rechtsradikaler wohler als im bürgerlichen Lager«, erklärte Korte in einer Mitteilung.
An die Adresse der SPD sagte der LINKEN-Politiker, die Sozialdemokraten müssten erklären, wie sie noch mit einer Partei, die Rassisten hofiere und sich fremdenfeindlich profiliere, in einer Koalition zusammenarbeiten könne. »Orbán tritt die Menschenwürde von Flüchtlingen mit Füßen. Das sagt nicht irgendeine Aktivistengruppe, sondern der Generalsekretär der Vereinten Nationen«, so Korte.
Pünktlich zum 100. Geburtstag von Franz Josef Strauß gelte ind er CSU wieder die Devise: »Mit den übelsten Despoten dick Kumpel sein. Früher wurde mit dem Pinochet-Regime und dem Apartheidregime in Südafrika gekuschelt - heute eben mit Orbán.«
Update 13.20 Uhr: Orban ist nicht Teil der Lösung
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hat sich irritiert darüber gezeigt, dass die CSU-Landtagsfraktion den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban zu ihrer Klausurtagung eingeladen hat. Orban sei bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise in Europa nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems, sagte Oppermann am Mittwoch in Berlin. »Herr Orban tritt die Menschenrechte mit Füßen und Herr Seehofer rollt ihm einen roten Teppich aus. Das ist nicht in Ordnung.«
Update 13.00 Uhr: Auschwitz-Komitee nennt Orban-Besuch »politisch instinktlos«
Das Internationale Auschwitz-Komitee hat die Einladung des ungarischen Präsidenten Victor Orban zur CSU-Fraktionsklausur als »politisch instinktlos« kritisiert. »Victor Orban hat die ungarische Gesellschaft weit nach rechts geführt. In seinem Umfeld marschieren stramm antisemitische Gruppen«, sagte Christoph Heubner, Vize-Exekutivpräsident der Organisation von Auschwitz-Überlebenden, am Mittwoch in Oswiecim.
Orban sei verantwortlich für Geschichtsrevision und die Rehabilitierung antisemitischer Politiker, die Mitverantwortung bei der Deportation der ungarischen Juden trügen. »Dass ihm jetzt in Bayern der rote Teppich ausgerollt wird, ist ein absurdes und skandalöses Signal«, sagte Heubner nach einem Gespräch mit ungarischen Ex-Häftlingen. Unter den mehr als 1,1 Millionen Menschen, die in Auschwitz-Birkenau von den Nationalsozialisten ermordet worden waren, stellten die ungarischen Juden die größte Gruppe.
Update 11.30 Uhr: Politiker protestieren gegen Orban-Auftritt
Der Gastauftritt des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban bei der CSU-Fraktionsklausur hat lauten Protest vor dem Tagungsort im Kloster Banz ausgelöst. Einige Dutzend Politiker und Anhänger von SPD, Grünen und Linkspartei demonstrierten am Mittwoch mit Plakaten, Trillerpfeifen und einem kurzen Stück Stacheldrahtzaun gegen die CSU-Einladung an Orban.
SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher sagte, die CSU suche offensichtlich die geistige Nähe zu einem europäischen Brandstifter. »Was will die CSU von Orban denn lernen? Wie man schutzbedürftige Bürgerkriegsflüchtlinge mit Tränengas, Schlagstöcken und Wasserwerfern fernhält?«, fragte Rinderspacher.
Update 11.20 Uhr: Hofreiter wirft CSU »Rechtspopulismus« vor - Grünen-Fraktionschef protestiert gegen Orban-Besuch
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat der CSU wegen des Besuchs des Chefs der ungarischen Rechtsregierung Viktor Orban bei der CSU-Landtagsklausur im fränkischen Kloster Banz »Rechtspopulismus« vorgeworfen. So wie die CSU den Orban-Besuch gestalte, sei es eine »Form von Hofieren«, sagte Hofreiter am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. »Man hat den Eindruck, dass die CSU sich in Richtung Rechtspopulismus bewegt.«
Hofreiter gehörte zu einigen Dutzend Demonstranten, die vor dem Tagungsgebäude der CSU gegen den Orban-Besuch mit Spruchbändern und einem Pfeifkonzert mit Trillerpfeifen demonstrierten. Die Regierung in Budapest wird derzeit massiv kritisiert, weil sie die Grenze nach Serbien durch einen Zaun vollständig abgeriegelte, um Flüchtlinge abzuwehren. Zudem traten neue Gesetze in Kraft, die mehrjährige Haftstrafen im Fall des illegalen Grenzübertritts vorsehen.
Dass mit Orban Gespräche geführt werden, sei nicht falsch, sagte Hofreiter. Es gebe dazu aber ganz andere Möglichkeiten als den Rahmen einer Klausurtagung, es müsse ein Rahmen sein, in dem auch scharf diskutiert und kritisiert werden könne. Orban sei nun mal ein Regierungschef, der Flüchtlinge in seinem Land niederknüppeln lasse. »So jemanden lädt man nicht zu einer Klausur ein, um ihn zu hofieren.«
Update 8.40 Uhr: Linke kritisiert Orban-Besuch als »unwürdig«
Die LINKE hat den Besuch des Chef der ungarischen Rechtsregierung Viktor Orban bei der bayerischen CSU-Landtagsfraktion scharf kritisiert. »Das ist nicht nur geschichtsvergessen, sondern schlicht unwürdig«, sagte der stellvertretende Linksfraktionschef Dietmar Bartsch der Deutschen Presse-Agentur. »Wer die europäische Idee derart mit Füßen tritt, gehört geächtet und nicht empfangen.« Die CSU sei mit ihrer Einladung an Orban dabei, sich aus dem demokratischen und rechtsstaatlichen Konsens in Deutschland zu verabschieden.
CSU will mehr Zäune und Asylrecht für Wenige
Berlin. Kurz vor dem Besuch des umstrittenen ungarischen Ministerpräsidenten und Rechtsaußen Viktor Orban in Bayern haben CSU-Politiker erneut Front gegen Flüchtlinge gemacht. Der CSU-Politiker Manfred Weber forderte eine noch striktere Überwachung der EU-Außengrenzen – und mehr Zäune. »Es kann nicht sein, dass heute Flüchtlinge zu Hunderttausenden teilweise völlig unkontrolliert quer durch Europa wandern. Einige EU-Staaten machen schlicht nicht ihren Job, das heißt, ihre Außengrenze zu sichern und zu überwachen, wer da nach Europa kommt«, sagte der Fraktionsvorsitzende der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) im Europäischen Parlament der »Passauer Neuen Presse«.
Sollte sich der Grenzschutz nicht verbessern, »muss Europa das Kommando übernehmen und durchgreifen«, fügte Weber hinzu. Den Besuch Orbans verteidigte der CSU-Politiker. »Viele andere kritisieren an Ungarn herum, können aber selbst keine Lösungen liefern.« Orban mache weitgehend nur das, was ihm die Dublin- und Schengen-Regeln aufgeben.
Der CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag, Thomas Kreuzer, verlangte feste Obergrenzen für Flüchtlinge in Deutschland . »Wir müssen die Zahl der Flüchtlinge nach oben begrenzen, wie das viele andere Länder der Welt auch tun«, sagte Kreuzer dem Bayerischen Rundfunk. Auch Kreuzer verteidigte die die Einladung Orbans. Dieser sei ein wichtiger Partner und erfülle die Aufgabe, die EU-Außengrenze zu sichern. »Es kann keinen Schengen-Raum geben, wenn ihn jeder ohne Kontrolle und Registrierung betreten und verlassen kann«, so Kreuzer.
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat derweil die arabischen Staaten in der Golfregion zur Mithilfe bei der Bewältigung der Fluchtbewegung aufgefordert. »Die Golfstaaten müssen hier ebenfalls beitragen«, sagte der Minister am Mittwoch im ARD-»Morgenmagazin« zur Debatte über die Aufnahme von Flüchtlingen. Viele der Flüchtlinge, die nach Europa und insbesondere nach Deutschland kommen, stammen aus dem Bürgerkriegsland Syrien. »Das kann nicht alles Deutschland allein leisten.« Müller ging zudem – und in Kontrast zu seinen CSU-Parteikollegen – mit den osteuropäischen Staaten hart ins Gericht, die feste Quote zur Verteilung der Flüchtlinge in Europa ablehnen. Diese Länder seien »mit unserer Solidarität in die EU gekommen« und erhielten jährlich Unterstützungen in Milliardenhöhe aus Brüssel. Es sei »sehr enttäuschend«, dass diese Staaten sich in der Flüchtlingskrise derzeit »in einer so katastrophalen Weise verweigern«.
Die EU-Innenminister hatten am Dienstag in Brüssel die Umverteilung von 120.000 Flüchtlingen in Europa gegen den Widerstand von vier osteuropäischen Staaten beschlossen. Für die Anwendung einer Mehrheitsentscheidung in dem seit Wochen dauernden Streit über die Flüchtlingsverteilung hatte sich die Bundesregierung stark gemacht. Agenturen/nd
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