Premier Tsipras setzt im Kabinett auf Kontinuität
Viele alte Gesichter und keine Frau in Griechenlands neuer Regierung / Neuordnung von Ministerien
Ein Neuanfang ist es nicht so recht: Nach der Beibehaltung der alten Koalition folgt nun die Kontinuität auch bei der griechischen Regierungsbildung: In der Nacht zu Mittwoch stellte Alexis Tsipras sein neues Kabinett vor. Bei den wichtigsten Ministerämtern wurden dabei nur wenige Veränderungen vorgenommen. Unter den 16 Ministern ist wieder keine Frau. Und auch bei den 28 Vizeministern und Staatssekretären sind es nur sieben, also ein Viertel.
Der bereits in den Verhandlungen mit den Gläubigern erprobte Efklidis Tsakalotos steht weiterhin an der Spitze des Finanzministeriums und ist hier nun vor allem für die Umsetzung der Mitte August beschlossenen neuen Sparmaßnahmen zuständig. Unterstützt wird er von Giorgos Chouliarakis. Der neue Vizeminister hatte bisher keinen Kabinettsposten inne, zählte aber dafür zu den engsten Vertrauten von Tsakalotos in den Verhandlungen in der Eurogruppe.
Einige Ressorts wurden umgruppiert. Die bisher im Wirtschaftsministerium vertretene landwirtschaftliche Entwicklung beispielsweise bekam ein eigenes Ministerium und auch die Handelsmarine wurde dem Finanzministerium entzogen und in einem eigenen Ressort angesiedelt. Der vormalige Vizeminister für Marine im Finanzministerium Thodoris Dritsas steht jetzt dem Marineministerium vor.
Offensichtlich war der alte und neue Ministerpräsident bemüht, ein ohne große Einarbeitungszeit arbeitsfähiges Kabinett zusammenzustellen. Bereits bekannte Namen wie Panos Skourletis und Giorgos Stathakis sitzen darin weiterhin als Minister für Umwelt und Energie beziehungsweise Wirtschaftsminister neben dem Finanzminister an den Schaltstellen für die reibungslose Umsetzung der mit den Kreditgebern vereinbarten Maßnahmen. Der bei der Regierungsumbildung im Juli eingesetzte Giorgos Katrougalos behält das Arbeitsministerium und wird somit weiterhin für die im Detail noch auszuhandelnden Veränderungen im Arbeitsrecht, beispielsweise der von den Gläubigern eingeforderten Aufweichung des Kündigungsschutzes oder den Einschränkungen im Streikrecht, zuständig sein.
Das Außenministerium untersteht erneut dem bereits seit Januar amtierenden Chef Nikos Kotzias. Der Vorsitzende der alten und neuen Koalitionspartnerin ANEL, Panos Kammenos, behält das Verteidigungsministerium. Andernorts wurden lediglich Ämter getauscht. Ex-Gesundheitsminister Panos Kouroublis wechselt ins Bildungsministerium. Dessen ehemaliger Chef Aristeidis Baltas übernimmt dafür das aus diesem ausgegliederte Kulturministerium. Unter den wenigen Namen, die im neuen Kabinett nicht mehr zu finden sind, fällt der des ehemaligen Innenministers Nikos Voutsis auf. Er gilt als aussichtsreichster Kandidat für das Amt des Parlamentspräsidenten.
Als »Recycling alter Gesichter in mit neuen Namen versehenden Ministerien« bezeichnete die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia Tsipras’ zweites Kabinett. Die wirtschaftsliberale und bei den Wahlen deutlich geschrumpfte Partei To Potami warf dem Premier vor, ein Team beibehalten zu haben, das »das Land in sieben Monaten Regierungszeit auf die Knie gezwungen hatte«.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.