Umstrittener Protest eines Kinobetreibers
Antisemitisches Plakat am Filmtheater Babylon
Viele Passanten, die sich am Montagabend am Rosa-Luxemburg-Platz in Mitte aufhielten, waren empört und irritiert. Der Geschäftsführer des Kinos Babylon, Timothy Grossmann, sprühte mit weißer Farbe Davidsterne auf die Scheiben der Eingangstüren des Kinos. Kurz zuvor hatte er, selbst in eine gelbe Warnweste gekleidet, ein großes Transparent über der Eingangstür des Kinos aufgehangen. Es zeigt ein brennendes Kino Babylon. Dichter schwarzer Rauch schlägt aus dem Gebäude. Daneben steht in großen Lettern: »Boykott! Deutsche wehrt Euch! Kauft nicht im Kino Babylon«.
»Die Aktion hat sich der Geschäftsführer des Kinos ausgedacht und er hat auch eigenhändig die Davidsterne gesprüht. Damit soll unser Arbeitskampf in eine antisemitische Ecke gestellt werden«, sagt ein Streikposten der Gewerkschaft ver.di, ebenfalls in gelber Warnweste, vor der Tür des Filmspielhauses. Seit Juli 2015 befinden sich Mitarbeiter im Arbeitskampf um höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen.
Für die Geschäftsführung um Grossmann gibt es dagegen keinen Arbeitskampf. »Der Tarifkonflikt ist nur vorgeschoben«, sagt eine Sprecherin des Kinos dem »nd«. Mit der »Kunstaktion« habe der jüdische Geschäftsführer einen »Hilfeschrei« aussenden wollen, dass es sich in Wirklichkeit um eine »große Diffamierungskampagne« handele.
»Seit fünf Jahren haben die Filmvorführer des Babylons keine Lohnerhöhung bekommen. Sie erhalten unverändert einen Stundenlohn von 9,03 Euro. Gleichzeitig sind die Eintrittspreise und Besucherzahlen deutlich gestiegen«, erklärt dagegen Andreas Köhn vom ver.di-Landesbezirk dem »nd«. Er kritisiert die Aktion des Geschäftsführers scharf. Damit werde der legitime Kampf der Mitarbeiter in die Nähe des Antisemitismus gerückt. Inzwischen prüft der Staatsschutz des Landeskriminalamts, ob die Aktion Grossmanns ein Straftatbestand darstellt. Bereits am Montagabend hatten Kinobesucher wegen des Plakats von einem Besuch abgesehen. Auch der Sänger und Autor Thees Uhlmann verlegte seine für Donnerstagabend im Kino geplante Lesung. »Wer Symbole und Sprüche aus der dunkelsten Zeit Deutschlands und der ganzen Welt dazu nutzt, um auf seinen eigenen Kram aufmerksam zu machen, bei dem spiele, lese, rede ich nicht«, sagte er.
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