Armut ist mal absolut und mal relativ

In Deutschland jedes fünfte Kind von Armut bedroht

  • Lesedauer: 3 Min.

Die Vereinten Nationen haben den 17. Oktober zum »Internationalen Tag für die Beseitigung der Armut« erklärt. Es gibt zwei Definitionen von Armut, eine absolute und eine relative. Die absolute Armutsschwelle wird von der Weltbank definiert und wurde zuletzt auf 1,90 US-Dollar Einkommen pro Tag und Kopf festgelegt. Damit habe die Bank neue Informationen über Lebenshaltungskosten berücksichtigt. Bislang galt als extrem arm, wer von 1,25 US-Dollar oder weniger am Tag leben musste. Diese Zahl sei für die ärmsten Länder beibehalten worden, erläuterte die Weltbank.

Die relative Dimension von Armut wird auf nationaler Ebene erhoben: Demnach gilt als arm, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens des Landes hat. Sprich: Wenn morgen alle Bundesbürger das Doppelte verdienen würden, wäre die relative Armut noch immer genauso groß.

In Deutschland gilt per Definition als arm, wer derzeit als Single weniger als rund 900 Euro netto verdient, bei einer vierköpfigen Familie liegt die Grenze je nach Rechnung zwischen 1870 und 2450 Euro netto.

Deutschland ist ein reiches Land. Doch obwohl die deutsche Wirtschaft wächst, ist hierzulande laut aktueller Studien fast jedes fünfte Kind von Armut bedroht (Quelle: Paritätischer Wohlfahrtsverband, 2015). Hinzu kommen derzeit viele Tausend Flüchtlingskinder, die in Deutschland eine neue Heimat suchen.

Insgesamt verharre die Armut mit 15,4 Prozent auf hohem Niveau, kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband. Die am stärksten von Armut betroffenen Gruppen seien nach wie vor Erwerbslose (57,6 Prozent) und Alleinerziehende (41,9 Prozent). Auch Rentner und Rentnerinnen sind stark betroffen. »Die Quote der altersarmen Rentnerinnen und Rentner hat seit 2006 mit 51 Prozent so stark zugelegt wie bei keiner anderen Bevölkerungsgruppe«, sagt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands.

Die globale Entwicklung verzeichnet hingegen Fortschritte. Weniger als zehn Prozent der Weltbevölkerung leben in extremer oder absoluter Armut. Zu diesem Ergebnis kommt die Weltbank laut neuen Schätzungen. Die Zahl der besonders armen Menschen werde bis Ende 2015 auf 702 Millionen Menschen oder 9,6 Prozent der Weltbevölkerung zurückgehen. 2012 waren es noch 902 Millionen Menschen (12,8 Prozent). Grund hierfür seien das starke Wirtschaftswachstum in Entwicklungsländern und Investitionen in Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsysteme, erklärte Weltbankpräsident Jim Yong Kim.

Etwa 95 Prozent der extrem armen Menschen leben nach wie vor in Süd- und Ostasien oder Afrika südlich der Sahara - davon entfällt etwa die Hälfte auf die afrikanischen Länder und rund zwölf Prozent auf Ostasien.

Zwar gehe die extreme Armut in allen Regionen der Welt zurück. Doch besonders hartnäckig hält sie sich laut Weltbank in Ländern, in denen Konflikte herrschten, oder die vom Rohstoffexport abhängen. ml

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