CDU-Basis setzt Merkel unter Druck

Schwarz-Rot stimmt für Asylrechtsverschärfung / Ostdeutsche Konservative fordern Grenzschließungen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.
Das vom Bundestag verabschiedete Gesetzespaket soll Flüchtlinge abschrecken. Manchem Unionspolitiker geht das aber nicht weit genug.

Nach der Verabschiedung der Asylrechtsverschärfungen durch die schwarz-rote Mehrheit im Bundestag am Donnerstag gilt auch eine Zustimmung des Bundesrats als sicher. Die Länderkammer wird am Freitag abstimmen. Dort ist die Große Koalition auf Stimmen von Bundesländern angewiesen, in denen die Grünen mitregieren. Unter anderem in Hessen, Baden-Württemberg, Hamburg und Schleswig-Holstein hatte die Ökopartei ihre Zustimmung signalisiert. Die Thüringer Grünen hatten hingegen vergeblich gemeinsam mit der SPD versucht, die Linkspartei von einem Ja zu überzeugen. Dabei werden auch innerhalb der Linkspartei im Freistaat unterschiedliche Haltungen vertreten. Zwei linke Landrätinnen hatten sich für das Gesetzespaket der Bundesregierung ausgesprochen.

Rot-Rot in Brandenburg hatte ebenfalls über das Abstimmungsverhalten gestritten. Das Land wird sich wohl ebenso wie Thüringen enthalten. Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) hatte als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz bei den Verhandlungen mit der Bundesregierung über die Flüchtlingspolitik eine zentrale Rolle gespielt und von seinem Koalitionspartner die Zustimmung gefordert. Doch die märkische LINKE kritisierte vor allem, dass die Liste »sicherer Herkunftsstaaten« um Albanien, Kosovo und Montenegro erweitert wird, um Abschiebungen dorthin zu erleichtern.

Auch andere Teile des Pakets zielen darauf ab, Flüchtlinge abzuschrecken. So sollen Schutzsuchende künftig generell deutlich länger in Erstaufnahmestellen bleiben und dort möglichst nur Sachleistungen bekommen. In bestimmten Fällen sind deutliche Leistungskürzungen vorgesehen. Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive sollen dagegen Integrationskurse besuchen dürfen.

Rechtskonservativen Vertretern in der Union gehen diese Maßnahmen nicht weit genug. Bei einem Regionalkongress der CDU im nordsächsischen Schkeuditz wurde Parteichefin Angela Merkel am Mittwochabend attackiert. Mitglieder ostdeutscher CDU-Landesverbände warfen der Kanzlerin Versagen vor und behaupteten, es stehe eine »nationale Katastrophe« bevor, sollte der Zuzug von Flüchtlingen nicht gestoppt werden. Anwesende verlangten eine Grenzschließung oder eine Grundgesetzänderung. Auf einem Plakat stand: »Flüchtlingschaos stoppen - Deutsche Kultur + Werte erhalten - Merkel entthronen.« Die Unionsfraktion hatte bereits am Dienstag über die Flüchtlingspolitik gestritten.

Auch beim EU-Gipfel in Brüssel musste sich Merkel am Donnerstag auf Konflikte einstellen. Polen, Tschechien, Ungarn und die Slowakei kündigten an, eigene Pläne einer gemeinsamen Grenzsicherung voranzubringen. Die Mehrheit der EU-Staaten will Flüchtlinge dagegen in weiter Entfernung von der Einreise nach Europa abhalten. Zu diesem Zweck ist eine enge Kooperation mit der autoritär regierten Türkei geplant. Seiten 4, 6, 9 und 11

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